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Andere Ausdrücke, wie S u b j e k t i v i s m u s , Willkür des Einzelnen, N i -
h i l i s m u s , A g n o s t i z i s m u s (das heißt Nicht-Erkennen, wonach Meta-
physisches nicht erkennbar sei), P o s i t i v i s m u s (wonach nur positive, sinn-
fällige Tatsachen erkennbar seien), gehen je nur auf eine bestimmte Seite der
empiristischen Lehre, bezeichnen nicht vom Empirismus grundsätzlich Verschie-
denes.
Über M a t e r i a l i s m u s siehe unten Seite 50 ff.
A. Der e i n f a c h e E m p i r i s m u s
D a s G r u n d e r l e b n i s des Empirismus fanden wir dadurch
bezeichnet, daß er das Gegebene rein als solches nimmt und kein
Übersinnliches als dessen Letztes anerkennt. Dieses Erlebnis bleibt
in der Ebene des Sinnlichen befangen
1
. Daraus folgt für das Be-
g r i f f s g e b ä u d e unmittelbar: daß der Empirismus zuerst eine
Zergliederung des Erfahrens, also Erkenntnistheorie sei, daß er den
in der Erkenntnistheorie gewonnenen Standpunkt auf die philoso-
phischen Sondergebiete, wie Sittenlehre, Seelenlehre, Gesellschafts-
lehre, übertrage und ebenso die Verfahrengrundlage der Wissen-
schaften bestimme.
Durch dieses Gerüst der Fragestellungen wird der gesamte Sy-
stemaufbau der empiristischen Philosophie entschieden. Die ver-
schiedenen Systemgestaltungen, die b e g r i f f l i c h e n F o r -
m e n o d e r A u s p r ä g u n g e n des Empirismus lassen sich
daher von ihm aus rein logisch ableiten, wie sich sogleich zeigen
soll.
Seinem Grunderlebnis entsprechend führt der folgerichtige Empi-
rismus die Erfahrung und das Denken grundsätzlich auf die Sinnes-
eindrücke zurück. Insofern ist der l e t z t e G r u n d b e g r i f f
jeder empiristischen Zergliederung der Erfahrung: die Sinnlichkeit,
das Sensuelle. Die Erfahrungszergliederung oder — was dasselbe ist
— die Erkenntnistheorie, ist daher notwendig das, was man in der
neueren Zeit S e n s u a l i s m u s nannte. Im Sensualismus oder
der Sinneseindrucks-Lehre haben wir die e r s t e b e g r i f f l i c h e
A u s p r ä g u n g oder Form des Empirismus bezeichnet. — Aus
dem Sensualismus folgt als nächste begriffliche Form des Empiris-
mus der R e l a t i v i s m u s , weil die sinnlichen Eindrücke, diese
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Siehe oben S. 15.