[31/32]
31
lenlehre wird damit zur „Assoziationslehre“. Die beiden Haupt-
Gesetze“ sollen die der „Berührung“ (das heißt Verbindung der
Vorstellung nach ihrer geschichtlichen Reihenfolge) und der „Ähn-
lichkeit“ (Verbindung nach inhaltlicher Verwandtschaft) sein. —
Damit ist aber ein seelischer A t o m i s m u s begründet, denn die
Seelenlehre hat es nun mit letzten Elementen, Atomen, der seeli-
schen Erscheinungen zu tun. Damit ist sie auch: „ P s y c h o l o g i e
o h n e S e e l e“, denn nicht mit einer nebelhaften, für die For-
schung nicht faßbaren „Seele“, sondern mit „aktuellen“, erfahrbaren
Elementen, den Vorstellungen, habe es die Wissenschaft zu tun:
„A k t u a l i s m u s“. — Endlich ist sie damit auch „D e t e r -
m i n i s m u s“. Denn die lust- und unlustbetonten Vorstellungen
haben die Tendenz, den Willen so zu bestimmen, daß Lust erstrebt
und Unlust vermieden werde. Eine Lust- und Unlustbilanz ist es,
was den Willen bestimmt. Der Wille ist so eindeutig bestimmt, wie
eine Waage durch die Gewichte, die „Lust- und Unlustgewichte“. —
Es stimmt durchaus mit dem Intellektualismus der empirischen Auf-
fassung überein, daß hier der Wille eigentlich ausgeschaltet und als
eigene seelische Wirklichkeit geleugnet wird. Denn nur ein Mecha-
nismus der Lustgewichte von Vorstellungen ist es ja, was übrig
bleibt.
Die Sätze dieser empiristischen Seelenlehre entsprechen durchaus
der empiristischen Begriffsbildungslehre
1
, ebenso der empiristi-
schen Erkenntnislehre, das heißt dem Sensualismus, Relativismus
und / Subjektivismus.
7.
Die e m p i r i s t i s c h e G e s e l l s c h a f t s l e h r e :
I n d i v i d u a l i s m u s
Da die einzelnen Menschen nach dem Sensualismus ihre Vorstel-
lungswelt sich selbst aufbauen, als autarke Subjekte, also in seeli-
scher Hinsicht grundsätzlich selbständig gedacht werden, erscheint
die Gesellschaft nur als eine Ansammlung, Summierung von Einzel-
nen, gleich einem Haufen von Steinen. Sie hat keine eigene Wirk-
lichkeit, sondern alle Wirklichkeit liegt in den Einzelnen. Die Lehre
vom Staate und der Gesellschaft als Gebilden des Vertrages der Ein-
1
Siehe unten S. 33 f.