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[108]

halten hat, die nur den wahren... Überschuß, aber keine wesent-

liche Lebenskraft fahren läßt“

1

. (Hier kehrt also der Selbstversor-

gungsbegriff der Merkantilisten wieder, zugleich ist aber Lists Lehre

von den „produktiven Kräften“ vorgebildet

2

).

Die S t e u e r erklärte Adam Müller nicht als bloßen Preis für öffent-

liche Leistungen, wie die Individualisten, sondern als die Zinsen für das

geistige Kapital, das der Staat (durch Recht und Verwaltung) der Wirt-

schaft beistellt und das ihre unentbehrliche Lebensbedingung ist. — Wie

in seiner Fruchtbarkeitslehre hat er auch hier als erster den Smithischen

Begriff des „ a b g e l e i t e t e n E i n k o m m e n s “ überwunden. Denn

in der Tat hat der Staat kein abgeleitetes Einkommen, er ist selbst ur-

sprünglichster Hervorbringer der Wirtschaft

3

.

Der G e s a m t a u f b a u d e r V o l k s w i r t s c h a f t ist nach Mül-

ler folgender: Der Erzeugung liegen vier Elemente zugrunde: Land, Ar-

beit, physisches Kapital, geistiges Kapital. Das Land repräsentiert das

Element der Dauer, die Arbeit die Beweglichkeit (Entwicklung), und das

Kapital, in dem die Vergangenheit ruht, vereinigt beide, indem es bald

beschleunigt, bald hemmt. Diese vier Elemente führen zu den vier Ele-

menten der Familie sowohl — Jugend (Vorwärtsstreben), Alter (Hem-

mung), Männlichkeit (Produktion), Weiblichkeit (Konservation) — wie

zu den vier Grundgeschäften des nationalen Staates, denen die vier

Stände dienen: Lehrstand, Wehrstand, Nährstand, Verkehrsstand, die

durch ihre Gegensätze die Harmonie des Ganzen erzeugen müssen. Dabei

entspricht die erzeugende Natur dem weiblichen Prinzip der Konser-

vation und führt zum Adel (Grundbesitz, Konservation); die Arbeit dem

männlichen und führt zum Bürgerstand, das physische Kapital führt

durch das im Kapital enthaltene Element der Jugend zum Verkehrs- oder

Kaufmannsstand, das geistige Kapital durch das im Kapital enthaltene

Element des Alters zum Lehrstand oder der Geistlichkeit. Mit der rich-

tigen Verhältnismäßigkeit dieser völkischen Arbeitsteilung ist die leben-

digste Wechselwirkung, die Verbindung zu einem organischen Ganzen

gegeben.

Im K r i e g e sah Adam Müller nicht bloß eine Erscheinung der Zer-

störung und des wirtschaftlichen Verbrauchs großen Stils, sondern er war

ihm gleichzeitig der Erzeuger mächtiger, belebender Kräfte im Staate.

Im Institut des A d e l s sah er ein wichtiges Mittel, die frühere Genera-

tion mit der späteren zu verbinden, da die Gesellschaft auch einen or-

ganischen Zusammenhang in der Zeit haben müsse, wie er denn über-

haupt das „ P r o b l e m d e r D a u e r “ zu den höchsten gesellschaft-

lichen Fragen rechnete.

Adam Müller kämpfte nur gegen Smith. Die Lehren R i c a r d o s u n d

M a l t h u s e n s scheinen auf seine Ansichten kaum Einfluß genommen

zu haben.

/

1

Adam Müller: Gesammelte Schriften, Bd 1, S. 353.

2

Siehe unten S. 149 ff.

3

Siehe oben S. 115 f. und 123 f.