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Grundlage des politischen Programmes der Romantik in klassischer Klar-

heit entwickelt. Eine Volkswirtschaftslehre gab aber Novalis nicht. Eben-

sowenig der staatswissenschaftlich und politisch hervortretende Joseph

von Görres

1

.

Dagegen entwickelte der Philosoph Franz von Baader von seiner So-

zialphilosophie aus eine Wirtschaftslehre, die an Entschiedenheit in der

Grundrichtung jener Adam Müllers nicht nachsteht, allerdings fragmen-

tarisch blieb und ohne Systematik ist

2

. Baader hat unabhängig von Adam

Müller, auf Grund eines tiefen Organismusbegriffes, die atomistische und

individualistische Wirtschaftslehre Smiths zurückgewiesen. Gegen Smiths

mechanischen Begriff der Arbeitsteilung wandte Baader sich schon 1809

mit folgenden Worten: „Soviel auch die staatswirtschaftlichen Schrift-

steller von der Verteilung der produktiven Arbeiten einander nach-

schreiben, so hat doch schier keiner das Original jener in der Idee eines

O r g a n i s m u s nachgewiesen..., sowie sie die der Verteilung der Pro-

duktion notwendig gleichlaufende und ihr entgegenkommende Gemein-

sammachung der Konsumtion hierbei außer acht / ließen, und ebenso-

wenig sich klarmachten, daß jene Teilung der Produktion nicht etwa eine

Trennung oder Isolierung derselben, sondern als Verteilung eine Asso-

ziation der Produktion ist oder eine G l i e d e r u n g derselben.“

3

Als die

wichtigste volkswirtschaftliche Arbeit Baaders muß die Abhandlung gel-

ten „Über das dermalige Mißverhältnis der Vermögenslosen oder Prole-

tairs zu den Vermögen besitzenden Klassen der Sozietät“ (1835)

4

, die eine

dem Marxismus überlegene K r i t i k d e s K a p i t a l i s m u s in sich

schließt

5

. Ihr Ergebnis faßt Sauter in folgenden Sätzen zusammen:

1.

Zeitgemäße Erneuerung der Stände und Korporationen.

2.

E i n b ü r g e r u n g u n d R e p r ä s e n t a t i o n d e s v i e r t e n

S t a n d e s durch zwangsweise Zusammenfassung der Proletairs in Ge-

werkschaften mit Priestern als Führer und dem „Rechte der Advokatie“.

3.

Neuzeitliche Verbindung der Geldwirtschaft mit der Naturalwirt-

schaft.

4.

Beseitigung der unbedingten Gewerbefreiheit im Innern und un-

bedingten Handelsfreiheit nach außen.

Der Philosoph Johann. Gottlieb Fichte war der erste, der an die Aus-

bildung einer universalistischen Staatslehre ging, wie oben gezeigt

1

Kleine Auswahl bei Jakob Baxa: Gesellschaft und Staat im Spiegel

deutscher Romantik, a. a. O., S. 248—467. — Wilhelm Schellberg: Josef

von Görres. Ausgewählte Werke und Briefe, 2 Bde, Kösel, München 1911.

2

Johannes Sauter: Franz von Baaders Schriften zur Gesellschaftsphi-

losophie. Mit einem Anhang von erstmaligen Veröffentlichungen: Franz

von Baaders Briefe an König Ludwig I. von Bayern; Joseph von Baaders

Denkschriften an die bayrische Regierung, Jena 1925 (= Die Herdflamme,

Bd 14). — Sauter erschließt durch die Anwendung der universalistischen

Kategorienlehre zum ersten Male die bisher unverstandene Gesellschafts-

lehre Baaders.

3

Ebenda S. 792 der Ausgabe Sauter.

4

Wieder abgedruckt in der Ausgabe Sauter S. 319 ff.; vgl. dazu

S. 838 ff.

5

Vgl. a. a. O., S. 850 f.