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die „Materiewelle” (das ist ein „Wellenpaket”, ein System zahlreicher Wellen, die

so miteinander interferieren, daß sie sich überall im Raume gegenseitig ver-

nichten, mit alleiniger Ausnahme des Ortes, wo sich der materielle Punkt

befindet) — das a l l e s f ü h r t n o c h n i c h t z u m B e g r i f f e u n d V e r -

f a h r e n d e r G a n z h e i t .

Allerdings muß eingeräumt werden, daß der Übergang von der klassischen

Korpuskularmechanik (Mechanik unveränderlich gedachter materieller Punkte)

zur Schrödingerischen Wellenmechanik (Mechanik periodischer Materiewellen)

ein ernsthafter, ja genialer Ansatz zur Überwindung des Atomismus, des korpus-

kularen Denkens überhaupt zu werden fähig wäre — aber noch sind die ver-

fahrlichen Folgerungen daraus nicht gezogen. Denn in der Quantenphysik wird

der Widerspruch von Welle und Korpuskel offen verkündet, und der Kor-

puskulargedanke herrscht vor. Das K r i s e n h a f t e dieses Zustandes wird ja

übrigens allseits anerkannt.

VI. Die Stetigkeitsphysik im besonderen

Eine Physik, die höher steht als die atomistische, ist die Stetig-

keits- oder Kontinuitätsphysik. In der Fassung, die Gustav

J a u m a n n , von Ernst M a c h herkommend, ihr gab, ist sie

dadurch zu kennzeichnen: daß sie nicht Atome, sondern den

Raum mit seinen Eigenschaften zum Gegenstande der Forschung

macht. Da nun der Raum stetig ist, ein Kontinuum, auch alle

Eigenschaften in ihm nach Stetigkeit gegeben sein müssen, fällt

die Atomvorstellung grundsätzlich aus

1

.

Unsere Kritik der Atomistik trifft daher diese Physik nicht. In

allen anderen Punkten gilt jedoch unsere Kritik dennoch. Denn

diese Physik ist ebenso mathematisch wie die atomistische. Für

sie gilt daher ebenso das E r k e n n t n i s i d e a l d e r L a p l a -

c i s c h e n W e l t f o r m e l . Das Naturgeschehen ist ihr ebenso

eindeutig ursächlich, daher selbstverständlich nicht etwa sinn-

voll, sondern sinnfrei bestimmt; und die Darstellung dieses im

weiteren Sinne mechanischen / Naturgeschehens kann darum

gleichfalls nur nach mengenhaften Indizes geschehen. Insbeson-

dere aber ist für diese Physik der Dingbegriff noch gründlicher

aufgelöst als in der Atomistik. Denn an die Stelle der Träger

von Beziehungen, welche die Atome immerhin noch sind, und

deren Komplexen tritt nun der Raum mit seinen Eigenschaften.

Infolge seiner Stetigkeit kann aber kein Dingbegriff gelten. Es

l

Vgl. Erwin Lohr: Gustav Jaumann, Ein Nachruf (Physikalische Zeitschrift

Jg 26, Leipzig 1925), S. 189ff. — Ernst Mach: Die Mechanik in ihrer Entwicklung

(= Internationale wissenschaftliche Bibliothek, Bd 59), 1883, 9. Aufl. Leipzig 1933,