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gibt statt Dingen nur „Zustandstrukturen“ des Raumes. Was
der gewöhnliche Menschenverstand „Ding“ nennt, sind nur
solche Zustandstrukturen, deren Eigenschaften an den Grenzen
sehr schnell abnehmen, um anderen Eigenschaften des Raumes
Platz zu machen. Daher der Begriff der Nahewirkung und die
Anwendung von Differentialgleichungen an Stelle der Fern-
wirkungen und der ihnen entsprechenden Gleichungen diese
Physik (neben „Zustandsvariabein“) vor allem kennzeichnen.
Vgl. unten S. 86f. und 96f. und Erwin Lohr: Atomismus und Kontinuitätstheorie
in der neuzeitlichen Physik, Leipzig 1926; sowie mein Buch: Der Schöpfungsgang
des Geistes ( = Ergänzungsbände zur Sammlung Herdflamme, Bd 3), Jena 1928,
S. 348ff.
VII. Die Chemie
Es wird behauptet, die Erfahrungen der Chemie seien es
hauptsächlich gewesen, welche zur Annahme von Atomen nö-
tigten. Man beruft sich auf das von dem englischen Chemiker
John Dalton (1808) aufgestellte „Gesetz der konstanten und mul-
tiplen Proportionen“, wonach sich alle Stoffe nur in festen Ge-
wichtsverhältnissen verbinden. Aus diesem (heute erschütterten)
Gesetze schloß Dalton, daß jedes Element einer Verbindung aus
untereinander gleich beschaffenen Atomen bestünde, deren rela-
tives Gewicht, das „Atomgewicht“, aus jenen Verhältniszahlen
ermittelt werden könne: und daß ferner die chemische „Verbin-
dung“ dadurch entstünde, daß die Atome der Elemente jeweils
zu Molekülen zusammenträten, z. B. zwei Wasserstoffatome und
ein / Sauerstoffatom zu einem Molekül Wasser. In Wahrheit liegt
hier nicht der Schatten eines Beweises für das Bestehen von Ato-
men. Daß 2 Teile Wasserstoff und 1 Teil Sauerstoff zu Wasser
werden (und zwar in multipler Proportion), sagt nichts, als daß
hier bestimmte Verhältniszahlen zugrunde liegen, die betref-
fenden Gewichte, die sogenannten „Atomgewichte“, also nichts
als V e r h ä l t n i s z a h l e n sind. Auch wenn man keine Atome
annimmt, behalten diese Verhältniszahlen ebenso ihre Bedeu-
tung, z. B. für die Ordnung der Elemente nach steigenden Ver-
hältnisgewichten („Atomgewichten“) zu einem periodischen
System.
Auch die in der atomistischen Chemie gemachte Annahme, daß
die Atome der chemischen Elemente im Molekül erhalten blieben