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E r s t
d a s
I n e i n a n d e r
v o n
V e r r ä u m l i c h u n g e n
e r k l ä r t d i e s t o f f l i c h e W e l t . Ähnlich wie in einem
menschlichen Geiste die anderen Menschengeister enthalten sind
(durch geistige Gemeinschaft, Gezweiung); ähnlich wie einem
Gedanken eines Begriffzusammenhanges alle anderen Gedanken
dieses Zusammenhanges einwohnen; ähnlich wie einem Begriffe,
der viele Merkmale hat, alle Begriffe einwohnen — so sind auch
in einer kleinen, verhältnismäßig selbständigen Verräumlichung,
im Einzelding, und in einer größeren, übergeordneten Gesamt-
verräumlichung, den Gattungen von Dingen, schließlich dem
Erdkörper und dem ganzen Sonnensysteme, alle Eigenschaften,
die sich in der Verräumlichung gegenseitig fordern und nicht
ausschließen, ineinander und miteinander verräumlicht.
Es zeigt sich also immer mehr, welch einen undurchdachten
Standpunkt dagegen die Undurchdringlichkeitslehre und die ihr
zugrunde liegende Korpuskeltheorie einnimmt. Darnach sollen
körperliche Ur-Teilchen im leeren Raume einander gegenüber-
stehen und ausschließen. Aber wie wirken diese Körperchen über
die leeren Abgründe hinweg aufeinander? Wie sind Beziehungen,
Wechselwirkungen, Anziehungen, Abstoßungen solcher absolut
getrennter Körperchen möglich? Darauf hat noch kein Atomist
eine Antwort gegeben. Verbindet die Korpuskeln aber nach-
träglich das „Feld“, dann ist Stetigkeit und Korpuskel in
ungeläutertem Widerspruche nebeneinander.
Wird dagegen das Kontinuum angenommen, dann ist die
Grundtatsache, daß im selben Raumpunkte eines Kontinuums
zugleich viele Eigenschaften angetroffen werden, verständlich,
ja Ausgangspunkt der physikalischen Betrachtung — die Durch-
dringlichkeit!
Geht man dann endlich im Gegensatze zur Kontinuitätsphysik
1
davon aus: daß n i c h t d e r R a u m Eigenschaften habe, son-
dern daß die Eigenschaften (hinter denen ihre setzenden Ein- /
heiten, die Wesenheiten der Dinge stehen) sich verräumlichen;
dann erkennt man das gleichzeitige Beisammensein vieler
Eigenschaften im Bereiche eines beliebigen Dinges oder über-
haupt jedes beliebigen Raumteiles der Erfahrung, den wir
betrachten, als Folge eines Ineinanderseins von Verräum-
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Siehe oben S. 28f.