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Materielle herein, das Überräumliche immer wieder ins Räumliche. Die Welt

hat einen vorzeitlichen Anfang, also nicht einen, der einmal begann und jetzt

nicht mehr da ist, sondern einen, der immer wieder beginnt und immer wieder

neu ist.

Darum ist die Welt immer jung und frisch. Sie wird immer zurückgenommen

und immer neu geschaffen.

2.

Z u s a t z ü b e r V e r ä n d e r l i c h k e i t d e r G e s t a l t

Raum und Stoff als Tat erklärt auch das Veränderliche jeder Gestalt.

Goethe hebt hervor, daß die Gestalten nie abgeschlossen, sondern immer in

Entwicklung sind. „Betrachten wir aber alle Gestalten, besonders die orga-

nischen, so finden wir, daß nirgend ein Bestehendes, nirgend ein Ruhendes,

ein Abgeschlossenes vorkommt, sondern daß vielmehr alles in einer steten Be-

wegung schwanke. Daher unsere Sprache das Wort Bildung sowohl von dem

Hervorgebrachten als von dem Hervorgebrachtwerdenden gehörig genug zu

brauchen pflegt.

1

Goethe sagt auch, „daß es ein Unterschied sei zwischen sehen und sehen, daß

die Geistesaugen [das heißt die Begriffe] mit den Augen des Leibes in stetem

lebendigen Bunde zu wirken haben ... .

2

3.

Z u s a t z ü b e r d i e F r a g e d e r S u b j e k t l o s i g k e i t d e s R a u m e s

Wird der Begriff des Raumes so gefaßt, daß zuerst ein Raum an sich, ein

leerer Raum angenommen werde und in diesen nachträglich die Dinge hinein-

kommen, dann ist Raum das schlechthin Subjektlose, Substanzlose. Raum und

Ding sind da voneinander grundsätzlich geschieden (denn Dinge können als

Substanzen, als schwache Subjekte gefaßt werden), der Raum wäre subjektlos.

In anderem Lichte erscheint diese Frage, wenn der Raum als das Ergebnis

der Verräumlichung betrachtet wird. Dann liegen ja den Eigenschaften, die

sich in den Dingen verräumlichen und dadurch erst den Raum bilden, Wesen-

heiten zugrunde. Der Raum ist nun zwar nicht ein Subjekt, das auf eigener

Ebene des Seins bleibt, wie der denkende Geist als Subjekt in den Gedanken sich

darstellt; aber doch ein Subjekt, das in der vorräumlichen Ebene Wesensgrund

der sich verräumlichenden Eigenschaften, also des Lebens ist. In diesem ganz

bestimmten Sinne, nämlich des Überganges des Subjektes in eine andere Seins-

ebene, ist / der Raum nicht subjektlos oder substanzlos. Er hat Substanz, aber

sie ist das Überräumliche in ihm. Auch der früher entwickelte Satz „Raum ist

nur durch Raumloses möglich" führt zu demselben Ergebnisse.

4.

Z u s a t z ü b e r V e r r ä u m l i c h u n g u n d C h a o s

Die Kristallisation zeigt nicht nur die Gestaltbildung, sie ist darüber hinaus

lehrreich für den Ü b e r g a n g s z u s t a n d vom noch nicht Verräumlichten

zu dem mit bevorzugten Richtungen, daher in bestimmter Gestalt Verräum-

lichten: die Lösung, ein aufgelöster Stoff befindet sich in einem geheimnisvollen,

höchst rätselhaften Zustande. Man denke etwa an Kochsalz, das in Wasser gelöst

wird. Es ist dann am ehesten einem Gase zu vergleichen, welches im lösenden

Wasser „gleichmäßig verteilt” ist. Das ist aber nur ein Vergleich und nicht mehr.

1

Goethe: Zur Morphologie (1807), Naturwissenschaftliche Schriften, heraus-

gegeben von Rudolf Steiner, Bd 1 ( = Deutsche National-Litteratur, Stuttgart

o. J., Bd 114), S. 8.

2

Goethe: Zur Morphologie (1807), S. 107.