F ü n f t e r A b s c h n i t t
Die Vorränge
zwischen Zeit und Raum und innerhalb
der Bestimmungsstücke des Raumes
Welch hohen Standpunkt wir in der ganzheitlichen Betrach-
tung der Natur bereits erreicht haben, zeigt sich daran, daß wir
nunmehr imstande sind, Vorrangverhältnisse zwischen den Ele-
menten der Natur, die sich uns ergaben, festzustellen.
„Rang“ oder „Vorrang“ (Primat, Priorität) zeigt nicht das
genetische Verhältnis, die Werdensfolge zweier Teile oder Eigen-
schaften, sondern das rein begriffliche (logische) Verhältnis,
das Wesensverhältnis der Teile oder Eigenschaften zueinander
an. Die Lehrsätze, welche die Vorränge feststellen, treten damit
an die Stelle von ursächlichen Gesetzen
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. Zu einer solchen
inneren Durchleuchtung des Gegenstandes, wie sie die Er-
kenntnis von Vorrängen bedeutet, ist die mechanistische, mathe-
matische Physik in keiner Weise imstande. Für sie wäre es sinn-
los, von Vorrängen, z. B. zwischen Schwere und Elektrizität,
zu reden. Sie hat einfach mengenhaft bestimmte Tatsachen und
nichts als solche vor sich. Unsere Betrachtung führt / uns dagegen
auf innere Wesenszusammenhänge, innere Setzungsformen hin,
die wir e i n s i c h t i g begreifen. Der erste Zusammenhang, den
wir zu bestimmen haben, ist der zwischen Zeit und Raum.
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Näheres über das Wesen des Vorranges siehe in meiner Kategorienlehre,
2. Aufl., Jena 1939, S. 161 ff.; Beispiele ausgebildeter Vorrangsätze in meinem
kleinen Lehrbuch der Volkswirtschaftslehre: Tote und lebendige Wissenschaft,
4. Aufl., Jena 1935, S. 86 f., 129 ff., 250, 256 f. und 316 ff.; sowie in meiner Gesell-
schaftslehre, 3. Aufl., Leipzig 1930, S. 354 ff. und 521 f.