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Lassen sich doch sogar dort, wo geistige Ganzheiten bestehen, Eigenschaften
abstrakt darstellen. Zum Beispiel kann man die Eigenschaften des Kriegers
abstrakt darstellen, seine Tapferkeit, Zucht, Waffengeübtheit, Leibesgewandtheit,
ohne von ihrem Zusammenhang in einem bestimmten Heere zu sprechen. Aber
jedes Heer ändert kraft seiner verschiedenen Einrichtung und Volksbestimmtheit
diese Grundeigenschaften ab, fördert und erzieht sie in einem anderen, ganz
bestimmten Zusammenhange, prägt daher das Kriegertum in seiner Weise.
Ähnlich kannte auch die individualistische Volkswirtschaftslehre keine Stufen
(Dinglichkeiten, Einheiten), also keine Volkswirtschaften, Betriebe usw., sondern
überall nur Eigenschaften, nämlich Preise, Preisgesetze. Gerade dieser letztere
Vergleich ist lehrreich. Er zeigt nämlich, daß es nicht das Wesen des Gegen-
standes war, welches Verleugnung von Einheit, Dingheit, Stufe forderte, sondern
lediglich: das Verfahren, und zwar auch hier das atomistische und mengenhafte,
mathematische Verfahren. /
Je weniger das rein mathematische Verfahren herrscht, um
so mehr zeigt sich aber auch in den anorganischen Naturwissen-
schaften, daß sich der Dingbegriff trotz alledem geltend macht.
Schon in der C h e m i e stellen die sogenannten Grundstoffe.
Verbindungen und Gruppen bis hinauf zu den Abteilungen des
„periodischen Systems“ nichts anderes als Dingbegriffe und
Stufenbegriffe (Art- und Gattungsbegriffe) dar. Die Zurück-
führung auf mechanische und atomistische Elementarvorgänge
ist in Wahrheit immer mehr ein Anhängsel geblieben und zuletzt
undurchführbar
1
. Handgreiflich finden wir aber in der M i -
n e r a l o g i e , G e o l o g i e , G e o g r a p h i e , M e t e o r o -
l o g i e , A s t r o n o m i e überall den Dingbegriff, so in Form
von: Mineralgesellschaften, Gattungen und Arten der Mineralien;
oder von bestimmten (also dinglichen) Landschaften, Kontinen-
ten, Lufthüllen der Erde; ferner von Planetensystemen und ein-
zelnen Himmelskörpern.
Alle diese Wissenschaften widerstreben der Auflösung in
mathematische Gesetzmäßigkeiten und Formeln. Sie haben ihren
Schwerpunkt in der Darstellung der bestimmten Dinge und
ihres Enthaltenseins in Dingen höherer Ordnung, das heißt in
Arten und Gattungen, also in einem Stufenbau.
Sollten aber nicht auch in der mathematischen Physik selbst
die Spuren des durch das Verfahren vergewaltigten Dingbe-
griffes noch zu finden sein? Diese für das Wesen der Physik
grundsätzlich wichtige Frage ist in der Tat zu bejahen! Wir
können folgende Spuren von Dingbegriffen feststellen:
1
Vgl. oben S. 29ff. und öfter.