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II. Folgerungen aus dem Begriffe des Stufenbaues
Der Begriff des Stufenbaues kennzeichnet sich in der ganz-
heitlichen Kategorienlehre dadurch: daß auf allen Stufen alle /
Eigenschaften (Teilinhalte) Vorkommen
1
. Diese Folgerung dürfen
wir auch für die Stufen der Natur ziehen. In der Tat sind im
ganzen Weltall und auf jedem Gestirn und schließlich in jedem
einzelnen Ding stets alle Eigenschaften grundsätzlich vorhanden.
Dieser Satz ist denn auch nicht neu. Bekanntlich sagte schon
Leibniz, die Materie sei ein Teich voller Fische und jede Monade
ein Spiegel des Weltalls. Es gibt kein Ding, das nicht Raum-
gestalt, Wärme, Elektromagnetismus, Chemismus usw. aufwiese.
Und es kann auch keinen Ort im Weltraum geben, wo dies nicht
in irgendeinem Sinne (wenigstens zuständlich) der Fall wäre.
So lehrt uns der Begriff des Stufenbaues die Natur wieder
anschaulich, wieder als Ganzes zu erfassen und zu erleben, so-
wohl dinglich wie zuständlich. In beider Hinsicht weist uns
ja schon unsere einfache Sinneserfahrung von einzelnen Dingen
fort auf Sonne, Mond und Erde als Gesamtganzes, da ohne Sonne
sich Licht, Farbe, Wärme, Witterung, Chemismus auf der Erde
gewaltig änderten. Die Kopernikanische Lehre dehnte diese Ganz-
heit zum gesamten Sonnensystem und schließlich bis zum Fixstern-
system aus.
In dieser Grundanschauung der Natur, wonach überall alle Eigenschaften
in ihr gegenwärtig sind, wissen wir uns auch mit G o e t h e eins, der im Vor-
wort zu seiner Schrift „Zur Farbenlehre” (1810) sagt:
„Farben und Licht stehen zwar unter einander in dem genausten Verhältnis,
aber wir müssen uns beide als der ganzen Natur angehörig denken; denn sie ist
es ganz, die sich dadurch dem Sinne des Auges besonders offenbaren will.
Eben so entdeckt sich die ganze Natur einem andern Sinne. Man schließe
das Auge, man öffne, man schärfe das Ohr, und vom leisesten Hauch bis zum
wildesten Geräusch, vom einfachsten Klang bis zur höchsten Zusammenstimmung,
von dem heftigsten leidenschaftlichen Schrei bis zum sanftesten Worte der Vernunft
ist es nur die Natur, die spricht, ihr Dasein, ihre Kraft, ihr Leben und ihre
Verhältnisse offenbart, so daß / ein Blinder, dem das unendlich Sichtbare ver-
sagt ist, im Hörbaren ein unendlich Lebendiges fassen kann.
So spricht die Natur hinabwärts zu andern Sinnen, zu bekannten, ver-
kannten, unbekannten Sinnen; so spricht sie mit sich selbst und zu uns durch
tausend Erscheinungen ...
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Vgl. mein Buch: Tote und lebendige Wissenschaft, 4. Aufl., Jena 1935,
S. 104 ff.