Table of Contents Table of Contents
Previous Page  6790 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 6790 / 9133 Next Page
Page Background

166

[185/186]

Tat der Vereinheitlichung ist, wie schon angedeutet, nichts

Neues für unser Bild vom Wesen des Stoffes. Stoff ist ja Ver-

räumlichung, ist Tätigkeit, und zwar in räumlicher Hinsicht:

trennende Ausbreitsamkeit nicht nur, sondern auch Rückbezüg-

lichkeit. Die Rückbezüglichkeit in einer bestimmten Erschei-

nungsform, nämlich den getrennten Teilen der schon ausge-

breiteten Räumlichkeit einen Einheitsbezug zu geben, ist Wärme.

Soferne dieser Einheitsbezug innerhalb eines bestimmten

Stoffes geschieht (also n i c h t nach Art der Gezweiung zwischen

mehreren wie beim Chemismus), kommen wir auch dem Rätsel

näher, warum die Wärme einerseits zur Räumlichkeit des Stof-

fes eine enge Beziehung hat, andrerseits die Gestalt gefährdet:

Wärme ist eine Tätigkeitsweise durchaus a l l g e m e i n e n

Charakters, Wärme gefährdet i n d i v i d u e l l e Gestalt, nicht

Gestalt überhaupt. Wie ja auch auf geistigem Gebiete die H i n -

g a b e das Individuelle abschwächt und gleichsam ausdehnt.

Nun verstehen wir auch die für Instinkt, Gefühl und Sprache

gleich unvermeidliche Notwendigkeit einer Entsprechung von

Wärme und H i n g a b e , Wärme und L i e b e .

Von da aus dünkt uns nun ferner der enge Zusammenhang,

welcher zwischen Wärme und Chemismus besteht, verständlich.

Der Chemismus erwies sich uns als der Inbegriff aller Eigen-

tätigkeiten eines Stoffes auf Grund eines bestimmten Mitein-

anders mit anderen Stoffen. Die Wärme muß als Einheitsbezug

des Getrennten das Insichselbstsein der Stoffteile / überwinden

helfen; und dadurch ferner: auch ihr Miteinandersein mit ande-

ren Stoffen (die Wahlanziehungen, „chemischen Reaktionen“)

fördern. — Einzelnes läßt sich da freilich nicht ableiten. Glück-

lich, wenn wir nur einen allgemeinsten Standort gewonnen

haben.

Ziehen wir in Betracht, daß Einheitsbezug und Hingabe,

Liebe in einer Fernentsprechung stehen, so käme es uns ver-

ständlich vor: daß die reichere Liebe zur ärmeren Liebe kommt,

nicht aber umgekehrt, wie auch die Wärme nur vom wärmeren

Gegenstande zum kälteren fließt. Für die Nichtumkehrbarkeit

dieses bestimmten Naturvorganges (Zweiter Hauptsatz der

Wärmetheorie) wäre hier die Möglichkeit eines Verständnisses

erschlossen.