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So die Anschauung. Das gleiche widerspruchsvolle Bild
entrollt uns, wenn wir von so zweifelhaften Lehren wie die
„Kant-Laplacische Hypothese“ absehen, die Physik, indem sie
einerseits in den Erhaltungssätzen (heute zurückgeführt auf die
sogenannte Erhaltung der Energie) und im Begriffe des rein me-
chanischen Vorganges (der hin und zurück der gleiche ist) etwas
in sich Zurückkehrendes, also Kreislaufartiges, Beständiges im
Naturgeschehen behauptet; andrerseits aber im Begriffe der
sogenannten Entropie eine teilweise Nichtumkehrbarkeit der
Naturvorgänge feststellt, deren letztes Ergebnis der „Wärme-
tod“ wäre.
Der Grundsatz der sogenannten Erhaltung der Energie besagt,
daß die jeweilige Energiegröße bei allen Veränderungen und
Verwandlungen gleich groß (konstant) bleibe, anders gesagt,
daß die Summe der gebundenen und lebendigen Energie stets
gleich groß sei. Das schließt eine völlige Beständigkeit des Na-
turgeschehens nach der „energetischen Seite“ hin in sich. Für
die Rückumwandlung der Wärme in Arbeit nach dem Zweiten
Hauptsatze der Wärmetheorie von Clausius gelten einschrän-
kende Bedingungen. Scheidet man mit Clausius die Energie-
Verwandlungen in positive und negative Vorgänge, so gelangt
man zum Entropiegrundsatz
1
. Zu den positiven Vorgängen ge-
hört die Umwandlung von mechanischer Arbeit, chemischer
Spannkraft und elektrischer Energie in Wärme, sowie der Über-
gang der Wärme von einem wärmeren auf einen kälteren Körper,
zu den negativen die umgekehrten Vorgänge, also die Ver-
wandlung von Wärme in Arbeit und die Verwandlung von
Wärme in / Wärme höherer Temperatur. Die Erfahrung lehrt,
daß die positiven Vorgänge „von selbst“ eintreten („bergab“),
während die negativen („bergauf“) nur dann eintreten, wenn
gleichzeitig mit ihnen entsprechende positive stattfinden. In-
folgedessen können die positiven Vorgänge nicht mehr voll-
ständig rückgängig gemacht werden. Das bedeutet aber nicht
weniger als eine ganz bestimmte R i c h t u n g d e s N a t u r -
g e s c h e h e n s , und zwar die Richtung auf die Vernichtung
aller Gefälleunterschiede der Energien, auf den „Wärmetod“.
1
Vgl. Ernst Mach: Die Principien der Wärmelehre, historisch-kritisch ent-
wickelt, 4. Aufl., Leipzig 1923, S. 289ff.