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Auch die „Erhaltung der Energie“ gerät aber nun ins Wanken.
Denn die Natur an eine gegebene Energiemenge absolut ge-
bunden zu erachten, heißt, sie jedes Schöpfertums zu berauben
— ein beschämender, echter Kultur nicht würdiger Gedanke.
Weil die Natur schöpferisch ist, kann übrigens auch das so-
genannte T r ä g h e i t s p r i n z i p u n d d e r G r u n d s a t z
d e r G l e i c h h e i t v o n W i r k u n g u n d G e g e n w i r -
k u n g nicht absolut gelten. Beide sind nur Ausdruck der Be-
ständigkeit der Naturtätigkeiten.
Empirisch bewahrheitet sich der Satz der Erhaltung der
Energie auch nur in weitem Maße, aber nicht unbedingt. Er
bewahrheitet sich nicht bei den Vorgängen in lebenden Orga-
nismen, er hat auch bekanntlich seine Schwierigkeiten in Beob-
achtungen der Mikrophysik. Er bewahrheitet sich endlich auch
nicht in jenen Vorgängen, die man mit Recht geradezu einer
„m a g i s c h e n P h y s i k “ zurechnen könnte, so insbesondere
den Vorgängen der Fernbewegung und Fernwirkung (sogenannte
Telekinese), auf die wir wiederholt hinwiesen. Diese Erschei-
nungen zu leugnen, ist für die mathematische Physik allerdings
am bequemsten, aber darum noch nicht berechtigt! Daß sich
übrigens im gewöhnlichen Naturgeschehen empirisch die Er-
haltung der / Energie im großen und ganzen tatsächlich zeigt,
soll gewiß nicht geleugnet werden. Aber das stammt, wie gesagt,
aus einer überaus g r o ß e n B e s t ä n d i g k e i t d e r
S e t z u n g e n d e r N a t u r , es stammt keineswegs aus
mechanischem Energieumsatze. Die mathematische Physik arbeitet
folgerichtig mit diesem Grundsatze, soferne er die reine Form der
mathematischen Behandlung der Natur ist — aber er gilt begrifflich
wie der Erfahrung nach nur als methodologisch geforderte An-
nahme, nur als eine methodologische Unterstellung, nicht als eine
Wesensaussage. J e d e r E r h a l t u n g s s a t z k ö n n t e n u r
f ü r e i n e a b s o l u t t o t e N a t u r g e l t e n .
B .
U m k e h r b a r k e i t u n d s t a t i s t i s c h e
W a h r s c h e i n l i c h k e i t
Gelegenheit zum Aufgeben der Energieerhaltung wäre in der
neuesten Mikrophysik, wie schon angedeutet, gewiß gegeben,
hinderte nicht die Folgerichtigkeit des mathematischen Ver-
fahrens daran. So versteht man den Ausweg, daß der Energie-