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Wir finden das Ergebnis dieser Zwiefachheit des Verfahrens

darin: daß die mechanisch-mathematische Behandlung haupt-

sächlich den Weg der ä u ß e r e n E r f a h r u n g zu beschreiten

geeignet, unsere ä u ß e r e K e n n t n i s d e r N a t u r zu ver-

mehren imstande sei; die ganzheitliche Behandlung aber auf

die eigentlichen Wesenszüge der Natur hinführe.

Das große Ergebnis der ganzheitlichen Erforschung der Natur

erblicken wir darin: den inneren Zusammenhang der Natur zu

erfassen, also die Natur nicht von mengenhaften Erscheinungs- /

formen her darzustellen, sondern in ihrem eigenen Wesens-

und Lebenszusammenhange zu verstehen, wofür uns die Farben-

lehre Goethes, soferne sie den Dingbegriff aufrecht erhält, ein

Beispiel ist; ebenso aber die heute so genannten „beschreiben-

den“, in Wahrheit aber den Dingbegriff mit berücksichtigenden

Naturwissenschaften nach Art der Mineralogie und Erdkunde

1

;

ferner erblicken wir das Ergebnis des ganzheitlichen Verfahrens

auch darin: die Wesenheiten, welche sich in der Räumlichkeit

der

Natur

darstellen,

a l s m i t t e l b a r e F e r n e n t s p r e c h u n -

g e n z u m G e i s t e zu bestimmen und dadurch in das Innere

der Natur einzudringen.

Wir entwickelten schon früher den Begriff der mittelbaren

Entsprechung oder Fernentsprechung, einer Entsprechung, die

nicht auf gleicher Wesensebene liegt. Er trägt dem Begriffe der

Ebenbildlichkeit fremder Ebene Rechnung. Er läßt uns die

Natur als Abglanz des Geistes und als seine ungeheuere Er-

weiterung auf räumlicher Ebene zugleich in ihrer Größe und

Unermeßlichkeit erkennen, ohne daß dem Geiste, der sich vor

ihr wie vor seinen eigenen geheimsten Tiefen beugt, etwas ge-

nommen würde.

Indem wir den Begriff der Mittelbarkeit der Entsprechung

anwenden, fallen wir nicht in den Fehler der sonst so genialen

Naturphilosophie Schellings, die Natur als Geist selbst, nur

niederer Form, zu behandeln. Der große Sprung zwischen Geist

und Natur wird nicht verhüllt, beide aber werden dennoch nicht

geschieden und voneinander gerissen. Wir verfallen nicht in

Spiritualisierung der Natur (daß auch nicht in Naturalisierung

des Geistes, bedarf keiner Bemerkung).

1

Siehe oben S. 132.