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Akt vollenden können. „Wäre die Ganzheit lautere Wirklichkeit (actus

purus), dann müßte sie alles in einem Nu zu setzen vermögen, dann

müßte sie all die lebendige Mannigfaltigkeit ihrer Glieder in einer

einzigen, überall in sich selbst verbundenen Gesamt-Ausgliederungs-

Tat zu setzen vermögen — in einem einzigen ,ewig grünenden und

blühenden Nun', wie die deutschen Mystiker von Gott sagten. Dann

wäre keine Zeit, sondern Ewigkeit.

1

Die ontische Grundlage der Zeit ist Spann eine vorzeitliche ausglie-

dernde Ganzheit. Aus dieser ergibt sich Einheit, Richtung und Stetig-

keit der Zeit

2

. Daher kennt Spann keine leere Zeit, keine Zeit an sich,

die ohne Beziehung zu bestimmten Umgliederungen wäre. Aus der

Anschauung, daß alle Umgliederungen der Welt, also auch die des Stoff-

lichen, in durchgängiger Verbindung und Gemeinschaft stehen, ergibt

sich Spann die gliedhafte Bestimmtheit aller Abläufe des Geschehens

und ihrer Zeit. „Demgemäß sind zwar die Zeitabläufe aller Wesen

(Ganzheiten) verschieden, aber nur nach Maßgabe ihres Enthaltenseins

in höheren Ganzheiten und deren Gesamtzeiten. Nur in diesem glied-

haften Sinne kann man von Verhältnismäßigkeit oder ,Relativität' der Zeit

sprechen.

3

Im zentralen Teil seiner Naturphilosophie untersucht Spann den

Stufenbau der Natur, ihre wichtigsten Teilinhalte und ihre Eigen-

schaften. Diese Untersuchungen enthalten Betrachtungen und Erwä-

gungen in der Art Schellings und Baaders.

Die Eigenschaften der Natur gliedert Spann in drei Gruppen:

1.

die zeitbezüglichen, wie Rhythmik und Ton,

2.

die raumbezüglichen, wie Kohäsion, Bewegung und Schwere,

3.

die wesenseigenen und lebensverwandten, wie Chemismus, Wärme

und Elektromagnetismus.

Von grundlegender Bedeutung ist die Hingeordnetheit der wesens-

eigenen Eigenschaften auf das Leben. In ihrer Untersuchung bezieht

sich Spann weitgehend auf die grundlegenden Forschungen des ame-

rikanischen Biologen Lawrence J. Henderson, die dieser in seinem

Werk „Die Umwelt des Lebens“ veröffentlicht hat.

Als zusammenfassendes Ergebnis seiner Untersuchungen stellt

Henderson fest: „Die Eigenschaften der Elemente sind unter die

Elemente nicht gleichmäßig verteilt und auch nicht in einer Art, welche

durch einen Zufall erklärt werden könnte; auch sind sie nicht aus-

nahmslos mit derselben Regelmäßigkeit verteilt, welche das periodische

System aufweist; sie sind im Gegenteil, wenn wir die äußersten Gren-

zen betrachten, mit der größten Ungleichmäßigkeit verteilt, so, daß

die hervortretenden charakteristischen Merkmale eher auf einige spe-

1

Der Schöpfungsgang des Geistes, S. 379.

2

Der Schöpfungsgang des Geistes, S. 38.

3

Zum Ganzen vgl.: Der Schöpfungsgang des Geistes, S. 392f.