74
[59/60]
Schöpfertätigkeit Gottes als ein Sprechen. Daher auch in der Gene-
sis: „Gott s p r a c h : Es werde Licht!“ und / im Johannesevange-
lium: „Im Anfang war das W o r t . . . “ ; daher es uns auch, im
Gegensatz zu Erman, keineswegs verwunderlich ist, daß sich sogar
noch in einem spätgriechischen Skribenten, dem Horapollo ... als
Lehre der ägyptischen Weisen der Satz findet: „ ... die Zunge nen-
nen sie den Erzeuger des Seins“
1
.
Mit dem Angeführten ist unseres Erachtens die mystische Grund-
lage der ägyptischen Religiosität bis in sehr hohes Alter hinauf
urkundlich belegt. In der späteren Zeit sprachen antike Schrift-
steller übereinstimmend von der mystischen Weisheit der Ägypter.
Weitere Belege entnehmen wir dem sorgfältigen, bis heute nicht
erreichten Werk von Heinrich Brugsch.
1.
„Gott ist einzig und allein und kein anderer neben ihm.“ „Gott ist der
Eine.“ „Der Eine, der alles gemacht hat.“
2.
„Gott ist ein Geist“ — „ein verborgener Geist“ — „der Geist der
Geister“ . ..
3.
„Gott ist von Anfang, von Anbeginn gewesen“ — „er ist der Uranfäng-
liche und war, als noch nichts war“ — „er war als noch nichts war und schuf
das, was da ist, nachdem er war“ — „er ist der Vater der Anfänge“.
4.
„Gott ist der Ewige“ ...
5.
„Gott ist verborgen und seine Gestalt hat niemand erkannt“ .. . „ein Ge-
heimnis ist er für seine Kreatur.“
6.
„Kein Mensch weiß ihn zu nennen.“ „Verborgen bleibt sein Name“ .. .
7.
„Gott ist die Wahrheit“ ...
8.
„Gott ist das Leben und man lebt nur durch ihn“ ...
9.
„Gott ist Vater und Mutter“ — „Vater der Väter und Mutter der Mütter“
— „Gott erzeugt und ist nicht erzeugt“ — „ ... er erzeugt sich und gebärt sich
selbst“ .. . „Er erschafft und ist nicht erschaffen“ ...
10.
„Gott ist das Sein er selber“ . .. „das Bleibende von allem“ . ..
11.
„Gott hat das All gemacht“ — „er ist der Schöpfer dessen, was da ist und
was da sein wird“ ... „Der Schöpfer des Himmels und der Erde ...“
12.
„Was einem Herzen entquillt, das wird sofort, und hat er gesprochen, so
tritt es in die Wirklichkeit bis in Ewigkeit hin.“
13.
„Gott ist der Vater der Götter“ — „der Urvater aller Gottheiten“ —
. .. „es wurden die Götter nach dem Ausspruch seines Mundes.“ „Er formt die
Menschen und bildet die Götter“ ...
14.
... „Der Himmel birgt seinen Geist, die Erde seine Gestalt und die Tiefe
verschließt sein Geheimnis“ . . .
15.
„Gott ist barmherzig...“ „Gott erhört das Flehen dessen, der in Banden
geschlagen ist.. .“
2
1
Adolf Erman: Die Religion der Ägypter, Berlin und Leipzig 1934, S. 93.
2
Heinrich Brugsch: Religion und Mythologie der alten Ägypter, Leipzig 1888,
S. 96 bis 98.