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und da Lichterscheinungen überall die mystischen Zustände beglei-
ten, daher als Sinnbild der Gottheit gelten, ist auch damit die
mystische Grundlage der Zarathustrareligion erwiesen. Endlich las-
sen sich aber noch besondere Andeutungen auf die Mystik finden.
So wird (Yasna 48, 5) für den Menschen als das kommende Gut
„die künftige Geburt“ erfleht. Diese darf als geistige W i e d e r -
g e b u r t im Sinn der Mystik gedeutet / werden. Und geschichtlich
gesehen verrät sich die mystische Grundlage dieses Glaubens schon
hinlänglich daran, daß Zarathustra seine Eingottlehre der a 1 t -
v e d i s c h e n V i e l g ö t t e r e i entgegensetzt und als Verehrung
des L i c h t g o t t e s Ahura Mazdah hervortreten läßt. Denn nur
die mystische Erfahrung kann die Sicherheit und Kraft zu einer so
ungeheuren Reform geben, indem sie unmittelbar den Menschen
auf den e i n e n Gott hinführt und dessen Sein als Lichtreich ver-
sinnbildlicht.
Zum Beleg können uns hier noch die folgenden, von Rücksichten
auf die Mystik übrigens vollständig unbeschwerten Ausführungen
H e r t e l s dienen. „Ahura Mazdah“, sagt Hertel, „heilt das irdi-
sche Leben dadurch, daß er die Geschöpfe erleuchtet und sie dann
in den Himmel gelangen läßt, nachdem sie in Lichtgestalten ver-
wandelt wurden“
1
. Das ist unseres Erachtens sicher nur von der
mystischen Lichterfahrung aus zu verstehen, ebenso wie der von
Hertel gewiß zum ersten Mal richtig übersetzte Ausdruck „ l e u c h -
t e n d e s D e n k e n “ (vohu mano, bisher als „guter Sinn“ oder
„gutes Denken“ übersetzt). „Zarathustras Reform ist, wie er uns
selbst sagt, auf Grund des l e u c h t e n d e n D e n k e n s entstan-
den“, erklärt Hertel
2
.
Als das Wesen der Reform Zarathustras bezeichnet Hertel ferner
mit Recht die Annahme, „daß nur eine rein geistige Potenz das
Weltall regiere“, die er „Mazdah", das ist „Verstand“, „Weisheit“
nennt, und „die durch die Weisheit..., durch das leuchtende Den-
ken . . . , durch gute Herrschaft und durch Beförderung der Seß-
haftigkeit und der Viehzucht wirkt, diejenigen Menschen aber, die
nach seinem Sinn leben, dereinst in seinen Feuerhimmel aufnehmen
1
Johannes Hertel: Die arische Feuerlehre, 1. Teil, Leipzig 1925, S. 55.
2
Johannes Hertel: Die arische Feuerlehre, 1. Teil, S. 96, vgl. auch S. 95,
Anmerkung.