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Lehrreich ist die Äußerung des A u g u s t i n u s über die altrömische Theologie

des V a r r o (116—27 v. Chr.), niedergelegt in dessen 41 Büchern „Altertümer“.

Allerdings schreibt Augustinus vom Standpunkt der Fehde des Christentums

gegen das Heidentum, aber die Wahrhaftigkeit seines Berichtes steht gleichwohl

fest. — Varro unterscheidet, sagt Augustinus, drei Arten von Theologie, die

mystische der Dichter, die physikalische der Philosophen und die staatliche, welche

öffentlich (nach den Gesetzen) geübt wird. Bei der mystischen, sagt Varro, wie

Augustinus anführt, „findet sich viel Erdichtetes, das gegen die Würde und Natur

von Unsterblichen verstößt. Bei diesen Göttern der Dichter kommt es nämlich

vor, daß eine Gottheit aus dem Haupt, eine andere aus dem Schenkel und wieder

eine aus Bluttropfen geboren worden sei, daß Götter gestohlen, Unzucht getrie-

ben, dem Menschen als Sklaven gedient hätten; kurz, es wird da alles auf Götter

übertragen, was einem Menschen . . . begegnen kann“

1

. Augustinus wendet sich

unter anderem auch gegen die „in kleine Stücke zerteilten Aufgaben der Götter“.

Varro sage z. B., daß für die Wöchnerin gleich drei Schutzgötter aufgeboten wer-

den, damit nicht der Gott Silvanus nächtlicherweile eindringe und Unheil an-

richte, und daß zur Versinnbildlichung dieser Beschützer drei Menschen des

Nachts um die Schwellen des Hauses herum gehen und zuerst mit der Axt in die

Schwelle hauen, dann mit dem Mörserstößel darauf schlagen und das dritte Mal

sie mit dem Besen abkehren, damit.. . der Gott Silvanus vom Zutritt abgehalten

werde, weil man das Eisen braucht zum Fällen und Behauen der Bäume und den

Mörserstahl zur Bereitung des Mahles und den Besen zum Häufeln der Früchte;

(darnach) habe man drei Götter benannt, die Intesidona nach dem Einhauen

(intercisio) des Beiles, den Pilumnus nach dem Mörserstößel (pilus) und die De-

verra nach dem Besen, und unter dem Schutz dieser Götter werde die Wöchnerin

vor der Gewalttätigkeit des Gottes Silvanus bewahrt“

2

. — Weiter: „Wenn Mann

und Weib sich verbinden, wird der Gott Jugatinus beigezogen ... (die Braut wird

in das Haus geführt), man zieht auch einen Gott Domiducus bei; damit sie im

Hause sei, zieht man einen Gott Domitius bei; damit sie bei ihrem Mann aus-

harre, fügt man eine Göttin Manturna hinzu“

3

usw. — Varro unterscheide aller-

dings zwischen auserlesenen und niederen Göttern: „Folgende Götter hebt Varro

als auserlesene . . . hervor: Janus, Jupiter, Saturnus, Genius, Mercurius, Apollo,

Mars, Vulcan, Neptunus, Sol, Orcus, den Vater Liber, Tellus, Ceres, Juno, Luna,

Diana, Minerva, Venus und Vesta: im ganzen zwanzig, darunter zwölf männliche

und acht weibliche“

4

. Augustinus tadelt aber diese Einteilung, da vielen niedri-

geren Göttern ein erhabenerer Wirkungskreis zugeteilt sei

5

. Er tritt / auch der

Ansicht Varros als p a n t h e i s t i s c h entgegen, wonach Gott die Seele der Welt

wäre, die Welt jedoch in ihren Teilen viele Seelen habe, deren Natur göttlich sei

6

.

Augustinus hält aber nicht dafür, daß die Götter gar nicht existieren. Gerade

indem sie solchen Unflat erzwangen, sagt Augustinus, „haben sie sich deutlich ge-

nug als unreine Geister erwiesen .. .“

7

. An vielen Stellen bezeichnet er sie als

1

Augustinus: Gottesstaat, deutsch von Alfred Schröder, Kempten 1911, VI, 5.

2

Augustinus: Gottesstaat, .

.. VI, 9.

3

Augustinus: Gottesstaat, .

.. VI, 9.

4

Augustinus: Gottesstaat, .

.. VII, 2.

5

Augustinus: Gottesstaat, .

. . VII, 3 f. und öfter.

6

Augustinus: Gottesstaat, .

. . VII, 6.

7

Augustinus: Gottesstaat,.

. . VI, 10.