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sind keine Götter, sondern Abstrakta, Eigen- / schaften Gottes).
Eine ähnliche Richtung nimmt die Stiftung B u d d h a s , insofern
sie schließlich die gesamte Götterwelt als vergänglich oder als Schein-
welt erklärt, ein; desgleichen die monotheistische Richtung des
L a o t s e u n d K u n g f u t s e , ferner des j ü d i s c h e n P r o p h e -
t e n t u m s , ebenso jene M o h a m m e d s , obzwar diese sich vom
Judentum und Christentum herleitet. Endlich wäre auch die O r -
p h i k, wohl nicht mit Unrecht im Altertum für älter als der
troische Krieg gehalten, hierherzuzählen, und überhaupt j e d e
e c h t m y s t i s c h e B e w e g u n g , insbesondere in den altindi-
schen U p a n i s c h a d e n u n d i m Y o g a
1
. Denn wahre Mystik
schlägt schon ihrem reinen Wesen nach eine monotheistische Rich-
tung ein. Darum sind auch P y t h a g o r a s u n d P l a t o n hier
immerhin noch zu nennen.
Soweit wir demnach die Religionsgeschichte kennen, sehen wir
die großen Erweckungen und die in ihnen durch Eingebung sich
vollziehenden Offenbarungen dazu bestimmt, die von Magie ver-
wüsteten Religionen zu reinigen, sie vom Polydämonismus wieder
den mystischen Urwahrheiten, damit aber dem Monotheismus,
näher zu bringen und eine höhere Sittlichkeit zu begründen. Boten
sich uns von Echnaton und Zarathustra angefangen alle großen
Religionsstifter bis zu den philosophischen Gestalten der indischen
Geheimlehren und Yogaschulen, Pythagoras und Platon als Kron-
zeugen dafür an, so lehren sie zugleich, wie diese Offenbarungen
in ihrer relativen Gleichheit doch je nach den Kulturen geschichtlich
verschieden wirken mußten.
Das T r a n s z e n d e n t e w i r k t a l s O f f e n b a r u n g i n
d i e G e s c h i c h t e h e r e i n , es bedient sich aber dabei des
natürlich und geschichtlich Gegebenen im Völkerleben, der gege-
benen Kultur und Natur. Die Gottheit schont ihre geistige und
natürliche Schöpfung. Sie zerstört sie nicht, sie lenkt sie.
Trotz dieser Einsichten bleibt ein unaufgelöster Rest zurück.
Jede echte Religionsstiftung ist ein Mysterium, transzendent ver-
wurzelt und hoch zu verehren. Die bedeutenden Unterschiede im
Wahrheitsgehalt und Wert der Religionen sind darum jedoch nicht
zu verkennen.
1
Siehe oben S. 76 f.