Table of Contents Table of Contents
Previous Page  7224 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 7224 / 9133 Next Page
Page Background

302

[273/274]

Wieweit bestimmte Ereignisse als äußere Offenbarungen zu / be-

trachten seien, läßt sich aus diesem Grund nicht allgemein entschei-

den. Hierfür ist zuerst die analytische Untersuchung innerer Tat-

sachen und der sie begleitenden Geisteszustände nötig. Krankhafte

Einbildungen und Gesichte, trüber Aberglaube und freie Willkür

des Menschen sind weder innere noch äußere Offenbarungen.

VI.

Der Gang der Offenbarungen

Der Gang der religiösen Offenbarungen in der Geschichte der

Menschheit ist ein Geheimnis, das niemand zu ergründen vermag.

Eine einfache evolutionistische Erklärung würde jedenfalls die

Wahrheit verfehlen

1

. Die von Schelling in seiner „Philosophie der

Mythologie und Offenbarung“ erstrebte Erklärung, welche die

Gründe für den Gang, die Abfolge der Offenbarungen in die trans-

zendente Ebene verlegt, zielt wohl ins Schwarze, ist aber dem

menschlichen Geist zu leisten nicht möglich. Die Dialektik Hegels

sodann konstruiert die Religionsgeschichte gar gewaltsam und

kommt im Ergebnis überdies praktisch dem Evolutionismus nahe.

Befragen wir aber einmal den geschichtlichen Tatbestand ganz

unbefangen, so läßt uns jene, allerdings nur kurze Zeitspanne re-

ligiöser Stiftungen, welche wir im Licht der Geschichte überblicken

können, deutlich eine bestimmte Richtung des Ganges der Dinge

erkennen: es ist die R e i n i g u n g d e r R e l i g i o n e n v o m

D ä m o n e n t u m u n d d e r V i e l g ö t t e r e i , s o w i e d a s

H i n d r ä n g e n z u m M o n o t h e i s m u s (und zwar abgesehen

vom Christentum selbst).

Das beobachten wir in der wohl ältesten Religionsstiftung, von

welcher die Geschichte berichtet, jener E c h n a t o n s (Amenophis

IV). Sie fällt in das 14. Jahrhundert v. Chr. Es folgt die gewaltige

Stiftung Z a r a t h u s t r a s

2

, die mit beispielloser Kraft sämtliche

polytheistischen Dienste der alten Arier für dämonisch erklärt, dem

Bösen zurechnet und dabei einen fast reinen Monotheismus erreicht.

(Denn der böse Ahriman darf nicht als eigenes Urprinzip, er muß

als abgeleitetes Prinzip betrachtet werden; und die Amesha Spentas

1

Worüber wir uns in einem späteren Zusammenhange noch auszusprechen

haben, siehe S. 343 ff.

2

Von Eduard Meyer vor 1100 v. Chr. angesetzt, siehe oben S. 78.