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greiflichen, allzu materiellen Vorstellungen und Mythen, z. B. von

bestimmten Wegen der Seele nach dem Tod, welche / das Heidentum

und seine Gebräuche kennzeichnen — zu Mond oder Sonne, oder

Styx, Fährmann, Fährgeld für den Toten, Hades, Elysium und an-

dere mehr —, fallen fort oder werden doch mindestens zu bloßer

Sinnbildlichkeit herabgesetzt.

Der tiefe Gedanke der Seelenwanderung

1

, daß das Denken und

Tun der Menschen, sein „karma“, sich im Wesen seiner Seele aus-

wirken müsse, wird anerkannt; indessen an die Stelle der naturali-

stischen Vorstellung einer realen Wanderung der Seele tritt das

ideelle G e r i c h t , ergänzt durch G n a d e . Dadurch wird mit

einem Schlag jene entsetzliche Trostlosigkeit endloser Geburtenfol-

gen gebannt, welche besonders dem Buddhismus seinen Hintergrund

gibt, und der T o t e m i s m u s , sofern er mit der Seelenwanderung

zusammenhängt, wird abgewehrt.

An die Stelle aller jener Mythen tritt im Christenum das Ziel der

höheren T e i l n a h m e a m g ö t t l i c h e n L e b e n , dargestellt

durch die reine Anschauung Gottes in der communio sanctorum.

Dem entspricht endlich auch eine V e r e i n f a c h u n g d e r

T o t e n v e r e h r u n g , welche O p f e r f ü r d i e T o t e n , ins-

besondere Dienerschlachtung, Witwenverbrennung und andere

Greuel zurückweist, ohne das innige Verhältnis zu den Toten not-

wendig zu schwächen.

Von den abgeleiteten Kategorien weisen wir nur noch auf den

E r l ö s e r m y t h o s vom leidenden, sterbenden und wiederauf-

erstehenden Gott hin — Marduk, Osiris, Dionysos, Baldur und an-

dere —, welcher im geschichtlichen Christus selbst seine Entspre-

chung hat.

Diese kurze Übersicht zeigt, daß der in den Urmythen enthaltene

tiefe, ewige Wahrheitskern in den entsprechenden'christlichen Leh-

ren überall aus seinen Hüllen, seinen sinnfälligen Umgestaltungen

befreit und ans Licht gezogen ist. Freilich kann dabei auch das Chri-

stentum der Bilder nicht entbehren, was ihm aber nicht zum Nach-

teil, sondern zum Vorteil gereicht, wie die folgende Betrachtung

zeigen soll.

/

1

Siehe oben S. 335 ff.