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Praxis“ stehenbleiben will, hat außer den rein volkswirtschaftlichen

Fachstudien noch folgendes Hilfsstudium nötig:

1.

ein methodologisch-philosophisches und soziologisches Studium,

um der durchaus geistigen und gesellschaftlichen Natur des Gegenstandes

gerecht zu werden;

2.

ein statistisches und wirtschaftsgeschichtliches;

3.

ein privatwirtschaftliches und technologisches Studium, um in den

empirischen Tatsachen festen Fuß zu fassen und unbedingt sicher zu

gehen.

Was zuerst das volkswirtschaftliche Studium anbelangt, so muß dieses

unbedingt auf die t h e o r e t i s c h e V o l k s w i r t s c h a f t s l e h r e

aufgebaut werden. Zur Begründung dieses Satzes ist es nötig, vorerst das

Verhältnis von „Theorie und Praxis“ klarzustellen.

Als durchaus verkehrt ist der heute vorherrschende Grundsatz zu

betrachten, die sogenannte „praktische Volkswirtschaftslehre“ zur Achse

des ganzen Studiums zu machen. Im Landwirtschaftswesen z. B. handelt es

sich ja nicht darum, alles das zu wissen, was der Syndikus eines

landwirtschaftlichen

Verbandes

weiß,

sondern

darum,

die

Grunderscheinungen — wie sie etwa das Thünensche Gesetz, die Renten-,

die Zollschutzlehre, die Lehre vom abnehmenden und zunehmenden

Ertrage behandeln — von / der Wurzel her verstehen zu lernen. Handelte

es sich nur um die „Praxis“, so könnte man ja als Lehrling beim Syndikus

eintreten und brauchte nicht auf die Universität zu gehen. Die Universität

darf daher nicht mit dem Syndikus, der Student nicht mit dem Lehrling

wetteifern. Die Praxis erlernt man nur in der Praxis selbst, für sie ist das

ganze Leben da; die Theorie lernt man nur einmal: auf der hohen Schule.

(Man kann auch in Ferienmonaten in die Praxis gehen, aus Büchern wird

man sie nie erlernen.) Daher ist der Schwerpunkt des S t u d i u m s in

Theorie, Philosophie und Geschichte zu suchen! Wer das nicht tut, nimmt

einen Buchhalterstandpunkt ein, paßt auf die Handelsschule, nicht auf die

Universität. Vor allem aber sinkt derjenige, der nicht ein gründliches

begrifflich-theoretisches Studium hinter sich hat, zum Handwerker, zum

bloßen Kundigen (zum Empiriker) herab, und die Wissenschaft

verflüchtigt sich. Vor dieser Einstellung auf die sogenannte „Praxis“ — die

seinerzeit in Deutschland durch die unglückliche Anknüpfung des

Doktorates an die „Diplomprüfung“ sozusagen zum amtlichen Grundsatze

erhoben