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fruchtbare Grundlage darstellt. Newtons Entdeckung der Gravi-
tation, die Forschungsarbeit Faradays, sind Spann Hinweise dafür,
daß die großen Entdeckungen dem Forscher „instinktiv“ auf-
gedrängt oder — wie Kepler sich ausdrückte — „von seinem Genius
zugeflüstert“
1
, werden, also Frucht der Eingebung sind.
Auch Eigenart und Bedeutung der Analogieschlüsse erhellt Spann
in klarer Weise. Er bezeichnet sie als Schlüsse der Unterstellung oder
als f r e i e E r g ä n z u n g s s c h l ü s s e von größerer oder gerin-
gerer Wahrscheinlichkeit. Ihre Grundlage ist die Zugehörigkeit der
in Beziehung gesetzten Gegebenheiten zu einer gemeinsamen höhe-
ren Stufe, oder zu gemeinsamen höheren Teilinhalten.
Im Kapitel über die Schluß- und Beweisfehler verdient der Hin-
weis auf den logischen Sprung Beachtung, der vorliegt, wenn in den
nichteuklidischen
Geometrien
die
n - d i m e n s i o n a l e n
S t r u k t u r e n noch R ä u m e genannt werden. Sobald die dritte
Dimension überschritten wird, ist der Inhalt des Begriffes Dimen-
sion ein anderer geworden, wird sein Sinn geändert. Aus der Geo-
metrie wird damit eine abstrakte Struktur- und Mannigfaltigkeits-
lehre, in der die Begriffe: Dimension, Raum, ihre ursprüngliche Be-
deutung völlig verlieren.
Im letzten Kapitel seiner Schlußlehre behandelt Spann die Ein-
gebung als irrationale Grundlage der Wissenschaft und der Kunst.
Seine Eingebungslogik scheidet das diskursiv-zerlegende, rein ratio-
nale Denken von den Eingebungsinhalten, deren Vergegenständ-
lichung auch irrationale Elemente in sich birgt. „Das auf Eingebung
gegründete Denken ist nicht rein rational, ebensowenig wie das auf
Eingebung gegründete künstlerische Gestalten“
2
. Eingebung erfaßt
den ganzen schöpferischen Menschen, gibt ihm jene Kraft, „die ihn
nicht ruhen läßt, bevor er sie nicht zum Begriffe entfaltete und in
den Gliederbau aller anderen vorhandenen Begriffe einordnete, oder
sie künstlerisch gestaltete, oder praktisch verwirklichte“
3
.
Die Eingebungslehre ist die viel umstrittene metaphysische
Grundannahme der ganzheitlichen Logik, deren Uberzeugungs-
1
Siehe oben S. 192,
3
Siehe oben S. 236.
3
Siehe oben S. 236.