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301

Daher gibt es für Spann nicht ein- oder mehrspitzige Begriffs-

pyramiden, wie für die Logik der Stoa und die neuzeitliche Logik

seit Hamilton, sondern eine ganzheitliche Begriffsordnung, die durch

die Ausgliederungsordnung wieder ruht auf den logischen Prinzipien

der I d e n t i t ä t (des F e s t h a l t e n s des Begriffsgegenstandes)

und der M i t g e d a c h t h e i t (der Gliederungszusammenhange

des Begriffs).

Der Begriff ist Spann die grundlegende, primäre Denkganzheit,

das U r t e i l hingegen eine sekundäre Denkform, ein Abgeleitetes,

„ d i e A u s g l i e d e r u n g d e s G e s a m t g e g e n s t a n d e s

(eines Begriffes) in T e i l g e g e n s t ä n d e , w o b e i s i c h d e r

G e s a m t g e g e n s t a n d a l s S u b j e k t , d e r T e i l -

g e g e n s t a n d a l s P r ä d i k a t d a r s t e l l t “

1

. Damit erreicht

Spann eine organische Einordnung der Urteile in den logischen Ge-

samtbereich. In sachlicher Analyse deckt er den inneren Wider-

spruch der Auffassung der zeitgenössischen Logik vom V o r r a n g

des Urteils vom Begriff auf. Ebenso weist er die Widersprüche und

Schwächen der Kantischen Urteilseinteilung und der aus ihr ab-

geleiteten Kategorienlehre nach.

Aus der ganzheitlichen Auffassung der logischen Ordnung ergibt

sich Spann der a n a l y t i s c h e Charakter aller Urteile, er zeigt

aber auch auf, daß unbeschadet dessen alle „Urteile“ auf syntheti-

schen Leistungen des Denkens im Sinne Kants beruhen

2

.

Auch mit dem Versuch der mathematischen Logik, die Im-

p l i k a t i o n (oder Einschließung) zur Grundlage der Logik zu

machen, setzt sich Spann in seiner Urteilslehre auseinander. Er weist

nach, daß die Implikation als „präziser Ausdruck des h y p o t h e -

t i s c h e n U r t e i l s “

3

bereits eine a b g e l e i t e t e U r t e i l s -

g e s t a l t ist.

Aus der Auffassung des Urteils „als Entfaltung des (in der Ein-

gebung empfangenden) Gesamtgegenstandes durch Zerlegung in

Teilgegenstände“

4

ergibt sich Spann auch die Bedeutung der logi-

schen Grundsätze für die Feststellung von Urteilsfehlern und Ur-

teilsunvollkommenheiten.

1

Siehe oben S. 121.

2

Siehe oben S. 147.

3

Gerhard Stammler: Begriff, Urteil, Schluß, Halle 1928, S. 202 f.

4

Siehe oben S. 153.