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würde verlangte und seine Schriften bezeugen, die Lehrtätigkeit in
Paris, Straßburg und Köln; daneben noch die geradezu ungeheure
Predigertätigkeit und Seelsorge; endlich die Ausarbeitung zahlrei-
cher Werke — das sind Leistungen, welche ein Leben in ä u ß e r e r
Ruhe und Abgeschiedenheit ausschließen. Die von ihm gelehrte
i n n e r e Abgeschiedenheit bei allem Gestürme äußerer Tätigkeit
bewährte er aufs glänzendste. Was er verlangte, daß der innerlich
Abgeschiedene stünde „ . . . als ein breiter berc ... gegen eime kleinen
winde“
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, bewies er auch in seinem Leben. In voller Klarheit zeigt es
auch seine Rechtfertigungsschrift, in der er seine Feinde mit über-
legener Ruhe behandelt, nicht nur durch die bündige Kürze seiner
Erwiderung, mehr noch durch die Höhe seiner Gedanken, welche
nie auf die tiefe geistige und sittliche Ebene des Gegners herabstei-
gen.
Manche wunderten sich, daß Eckehart die Gelegenheit nicht be-
nützte, in der Rechtfertigungsschrift weitausholende Begründungen
zu geben und so gleichsam das ganze Begriffsgebäude seiner Lehre
in aller Kürze zu zeichnen und zu erleuchten. Allein, es war ihm
sicher um die Zeit leid! Und welchen Sinn hätte es zuletzt gehabt?
Er hatte sich gegen dämonische Mächte zu wehren, die ihn teils nicht
verstehen wollten, teils nicht verstehen konnten; wozu auch Occam
gehörte — also die ganze nominalistische Schlachtreihe!
Wenn wir es heute allerdings bedauern müssen, daß der größte
Meister der Rede seine Kunst zur Verteidigung seiner eigenen Lehre
nicht spielen ließ und den Einwänden seiner Feinde nur die bün-
digste Kürze entgegensetzte, so müssen wir doch verstehen, daß er
keinen Grund hatte, den Widerwillen, den jeder schöpferische
Mensch in solcher Lage empfindet, zu überwinden, vor allem den,
auf das Ei der Leda zurückzugehen und alles, was er sein Leben
lang gedacht und gelehrt hatte, nun nochmals elementar ausein-
anderzusetzen.
Daß Eckehart andererseits bedingt widerrief, darf man nicht miß-
verstehen! Er war und wollte sein ein treuer Sohn der Kirche.
Fehdelust, Weltverbesserung lag ihm wie jedem Mystiker ferne! Er
war mit Recht überzeugt, dem Glauben zu dienen. Und in den
Angriffen, die er schon in früher Zeit erfuhr (wie unter anderem
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Pf. 486, 37: Wie ein breiter Berg in einem kleinen Winde.