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„Nû sprichet Plato der grôze pfaffe, der vâhet an unde wil sprechen von

grôzen dingen.“

1

„Ein Meister sprach zu Paris und rief und donnerte und wollte beweisen,

daß dessen nicht wäre“ (nämlich der Vorrang der Erkenntnis vor dem Willen;

wahrscheinlich ist diese Bemerkung gegen den Nominalisten Duns Scotus ge-

richtet!).

Ganz ausnahmsweise kennzeichnet Eckehart auch einmal Zeit und

Welt:

„Die Welt ist unwürdig vieler guter Leute Gegenwart.“

— ein g e s c h i c h t s p h i l o s o p h i s c h w i c h t i g e r S a t z !

Wie in Eckehart die geistige Schöpferkraft unaufhörlich am

Werke war und nicht stockte, veranschaulichen Ausbrüche wie die

folgenden. Sie bezeugen, daß er aus i m m e r n e u e n m y s t i -

s c h e n E k s t a s e n seine Erkenntnisse schöpfte:

„Nû wil ich sprechen daz ich nie gesprach.“

2

„Nû wil ich aber sprechen daz ich nie gesprach.“

2

„Ich wil sprechen ein grôz wort, daz wenig liute verstânt.“

3

„Ich wil noch me sprechen, daz noch wunderlicher lûtet. . .“

4

.

Auch die G l e i c h n i s s e u n d B e i s p i e l e Eckeharts lehren

uns etwas von seiner Persönlichkeit und seiner Umwelt. Sein reicher

Geist zeigt sich darin, daß sie die gesamte Natur, die Lebewelt und

die Gesellschaft umfassen. In ihnen begegnen sich, wie bei Schiller,

bildhaftes und abstraktes Denken in vollkommener Weise. Sie zei-

gen auch, daß er auf seinen Wanderungen die Welt mit offenen

Augen ansah, noch mehr aber, daß er alles mit einem liebevollen

Gemüte erfaßte. Er fand gleichsam das Süße in den Dingen; und

noch mehr, er führte ihre Wurzeln bis in die Uberwelt hinauf. Alles

dieses bringt uns auch den Menschen Eckehart näher.

Daß eine solche Einstellung zur Welt bei ihm, dem Künder der

Abgeschiedenheit, keinen Widerspruch in sich schließe, erklärt uns

Eckehart selbst:

1

Pf. 261, 21: Nun äußert sich Plato, der große Pfaffe, hebt an und will reden

von großen Dingen.

2

Pf. 180, 7 und Pf. 180, 14: Nun will ich (aber) von etwas reden, von dem

ich noch nie gesprochen habe.

3

Pf. 478, 30: Ich will (nun) ein großes Wort aussprechen, das wenige Leute

verstehen.

4

Pf. 193, 38: Ich will noch mehr sprechen, das noch wunderlicher lautet.