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kannte. Er war so begeistert, daß er den folgenden Tag eine ganze Vorlesung vor

mir hielt und am Ende noch sagte: Da haben wir es ja, was wir wollen.“

1

„Ich sage Ihnen“, fuhr Baader (zu seinem Berichterstatter) weiter fort: „Eck-

hart wird mit Recht der Meister genannt. Er übertrifft alle Mystiker; doch hat

er sich durch seine gewagten, unvorsichtigen Ausdrücke insoferne geschadet, als

er dadurch beinahe überall mißverstanden worden. Ich danke Gott, daß er mich

in den philosophischen Wirren mit ihm hat bekannt werden lassen. Das

hoffärtige, alberne Affengeschrei gegen die Mystik konnte mich nun nicht mehr

irre machen; und es war mir hiermit möglich, auch auf Jakob Böhme zu

kommen.“

2

Nach achtzehnjährigem, emsigem Sammeln und Forschen gelang

es dem Germanisten F r a n z P f e i f f e r endlich, seine Samm-

lung Eckehartischer Werke im Jahre 1857 als einen stattlichen Band

von 687 Seiten herauszugeben. Das war ein großes Ereignis, trotz-

dem es etwas spät kam, da mittlerweile Romantik und Idealismus,

die Eckehart zu würdigen vermocht hätten, aus dem Felde geschla-

gen waren und das neu herangewachsene Geschlecht, dem flachen

Materialismus zugeneigt, nicht mehr jene gründliche philosophische

Bildung besaß wie das alte, idealistisch geschulte. Pfeiffers Band ent-

hielt 110 deutsche Predigten, 18 Traktate, 70 Sprüche und den so-

genannten „Liber positionum“. Ein weiterer, von Pfeiffer ange-

kündigter Band sollte die „literarische Einleitung, Anmerkungen,

Glossar und verschiedene Zugaben“ enthalten, erschien aber leider

nie.

A. E c h t h e i t s f r a g e n

Bald wurde aber die E c h t h e i t vieler von Pfeiffer vorgelegter

Stücke angezweifelt. Wir sehen hier eine ähnliche Entwicklung wie

in der klassischen Philologie. Die erklärte bekanntlich im Laufe des

19. Jahrhunderts immer mehr klassische Werke der Griechen für

unecht und verdorben, bis etwa um die Jahrhundertwende eine

Umkehr eintrat. (Heute erklärt z. B. P a u l G o h l k e sämtliche

Lehrschriften des Aristoteles, sogar die Schrift über die Welt, für

1

In seinen Vorlesungen über Philosophie der Religion gedachte dann Hegel

rühmend Meister Eckeharts, indem er (aus dem Baseler Druck von 1521) an-

führt: „Das Auge mit dem mich Gott sieht, ist das Auge, mit dem ich ihn

sehe ...“.

2

Baaders Sämtliche Werke, Bd 15, 1857, S. 159. — Baader war im Winter

1823/24 in Berlin. In dieser Zeit wurde also das Gespräch geführt.