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strömt zum Kalten, das Hochgelegene fällt in die Tiefe usw. —

Beides wäre aber nicht unvereinbar!)

Die Grundvoraussetzung dafür ist, daß Gott auch auf dem

Grunde der Natur, nicht nur auf dem Grunde der Seele wohne. Wie

hoch die Seele auch über der Natur stehe, Gott wohnt doch auch

auf dem Grunde der Natur:

„Got ist in allen crêatûren gelîch nâhe.“

1

„Gott ist in allen Kreaturen, sofern sie Wesen (Sein) haben, und ist doch

darüber.“

2

Darum auch:

„... alle crêatûren tragent an in ein urkünde götlîcher nätüren.“

3

„... ein ieglîchiu crêatûre ist vol gotes und ist ein buoch.“

4

Worin der grundlegende Unterschied der Bedeutung der sonst glei-

chen Gottesnähe zwischen Mensch und Natur besteht, das zu er-

klären, ist einer der großen Gedanken Meister Eckeharts.

„Got ist mir nêher denn ich mir selber bin, ... Alsô ist er ouch eime steine

und eime holze, aber si enwizzens niht.“

5

„Unt dar umbe ist der mensche seliger dan ein holz, daz er got b e k e n -

n e t u n d e w e i z , wie nähe ime got ist. Und alsô vil ist er mê sêlic, als er

des mê sêlic, als er des mê bekennt.. ,“

6

.

Die Größe dieses Gedankens, daß Gott allen Geschöpfen gleich

nahe sei, ist nicht genug zu preisen. Zuerst folgt aus ihm und wird

verständlich, daß, wie der Mensch, so auch alle anderen Wesen zu

Gott z u r ü c k s t r e b e n . Sonst pflegt der Gedanke, daß Gott

die Natur geschaffen habe, so äußerlich gefaßt zu werden, daß er

die Natur von Gott trennt und entfernt; Eckehart dagegen versteht

durch seinen Begriff des Innebleibens — an dessen mystischen Ur-

sprung wir wieder erinnern müssen —, daß Gott die ganze Natur

durchdringt und auf ihrem Grunde wohnt. Darum spürt auch die

Natur wie der Mensch einen steten Zug zu Gott:

1

Pf. 221, 30: Gott ist allen Kreaturen gleich nahe.

2

Philipp Strauch: Paradisus anime intelligentis, in: Deutsche Texte des Mittel-

alters, Bd XXX, Berlin 1919, No. 33; S. 73, 20.

3

Pf. 93, 36: Alle Kreaturen haben ein Merkmal göttlicher Natur an sich.

4

Q I 156, 9: Eine jede Kreatur ist Gottes voll und ist eine Heilige Schrift.

3

Pf. 221, 9: Gott ist mir näher, als ich mir selber b i n . . . Er ist es auch

einem Steine und einem Holze, sie aber wissen es nicht.

6

Pf. 221, 14: Darum ist der Mensch seliger als ein Holz, da er e r k e n n t

u n d w e i ß , wie nahe ihm Gott ist. Und er ist umso seliger, je mehr er das

erkennt...