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Multiplikators (K = 1-b), wobei b die Konsumneigung und 1—b
1
die Sparneigung) versucht festzustellen, um wieviel Einheiten sich das
Einkommen in der Volkswirtschaft ändern muß, wenn sich die
Nettoinvestition um eine Einheit ändert. Die Wirkung einer zusätzlichen
Investition von Kapital in einer Industrie bleibt nämlich nicht auf diese allein
beschränkt, sondern bewirkt durch Mehrbeschäftigung von Arbeitern die
Entstehung neuen Einkommens und damit zusätzlicher Nachfrage, die
wiederum neue Beschäftigungsmöglichkeiten herbeiführt.
Diese Einsicht ist begreiflicherweise von entscheidender wirt-
schaftspolitischer Bedeutung, wie überhaupt das gesamte Lehrgebäude von
Keynes durchaus praktisch-wirtschaftspolitischen Absichten dienen sollte.
Besonders wirksam war die Lehre gerade in der Zeit des Erscheinens seines
Hauptwerkes (1936) unmittelbar nach der großen Weltwirtschaftskrise, aber
ebenso allgemein auch für Volkswirtschaften mit struktureller
Arbeitslosigkeit, weswegen gerade in der anglo-amerikanischen
Wirtschaftswissenschaft und da vor allem in den USA der Widerhall besonders
groß gewesen ist.
B.
Die Weiterentfaltung der Keynesschen Lehre
Der Bedeutung des Gedankengebäudes von Keynes entspricht die Tiefe
und Weite seiner Auswirkungen. Selbst die Kritik an ihm führt zu fruchtbaren
Weiterentfaltungen.
1.
Die E i n s a t z - A u s s t o ß - A n a 1ys e
So bemängelte die Kritik, daß er allzusehr mit Globalgrößen arbeite (z. B.
Gesamtverbrauch aller Haushalte, Investitionsvolumen, Beschäftigung). Man
ging daher daran, diese auseinanderzulegen, zu „disaggregieren“, und kam zu
einer tiefer schürfenden wirtschaftlichen S t r u k t u r a n a l y s e .
Ein besonders für die praktische Wirtschaftspolitik sehr fruchtbares
Verfahren solcher Disaggregierung wurde bereits um 1940 durch die
sogenannte Einsatz-Ausstoß-Analyse (Input- Output-Analyse) von Wassily W.
Leontief entwickelt
1
. Damit wird versucht, den Zusammenhang von Einsätzen
(Inputs) und Ausstößen (Outputs) an Leistungen von Betrieb zu Betrieb
beziehungsweise von Wirtschaftszweig zu Wirtschaftszweig (von Sektor zu
Sektor) durch die Gesamtwirtschaft hindurch zu verfolgen und so — allerdings
unter gewis
1
Wassily W. Leontief: The Structure of American Economy, 1919— 1939.
An Empirical Application of Equilibrium Analysis (Cambridge, Mass., 1941),
2. Aufl., New York 1951; Studies in the Structure of the American Economy,
New York 1953.