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hast, immerdar in jedem guten Tun, in jedem guten Gedanken; und so geboren,
bist Du ein ,immer geborener“ Sohn Gottes in Christus Jesus
1
.“
Solche Stellen haben es Eckehart angetan, sie waren der zündende Funke im
Seelenleben des Meisters. „Nicht das Inhaltliche ist es, was Eckehart aus Eige-
nem beisteuert, sondern (genau wie in allen anderen Lehrstücken seiner Mystik)
die geniale Form, die großartige Eintönigkeit, mit der er die Lehre von der
Gottesgeburt (im Seelenfünklein) zum unermüdlich umkreisten Mittelpunkt
seines mystischen Systems macht. Die Idee selbst... ist ihm aus tausend Quellen
zugeflossen, ist uralt, gehört zu den wesentlichen Stücken der christlichen Mystik
aller Jahrhunderte
2
.“
Es ist ein E r b s t ü c k , ja, das es dem mystischen Meister
so angetan hat, daß er daraus sein mystisches System aufbaut. Aber
daß es ihn so bewegt hat, zeigt eben die eigene innere Erfahrung
an. Spann macht es deshalb in seiner Systematisierung der Eckehart-
schen Mystik mit Recht zum „Urbegriff“ des Ganzen und betont
dabei ebenso mit Recht das Eckehart Eigene, für ihn Bezeichnende;
die von Gott empfangene Schöpferkraft in der „Sohnschaft Gottes“
— die verbreitete Übersetzung „Gotteskindschaft“ führt leicht zur
Verniedlichung (während „Sohnschaft“ nicht ohne weiteres für beide
Geschlechter verstanden wird). An den bekannten Spruch von An-
gelus Silesius denkt man bei anderen Origenes-Stellen: „Was nützte
es mir, wenn Christus geboren ist aus der heiligen Jungfrau, aber
nicht in meinem Innern?“ „Was nützte es mir, wenn der Logos
Wohnung nahm in der Welt, ich aber Ihn nicht habe?“ „Was nützte
es mir, wenn Er in mir, in meinem Herzen nicht lebt und nicht in
mir Werke des Lebens vollbringt
3
?“ Werke, Taten des Lebens bezeu-
gen das Teilhaben an der Schöpferkraft Gottes. Und dies hat Spann
bei Eckehart als das ihm Eigene erspürt.
Soll das Wort Mystik einen Sinn haben, so ist jeweils ein Mysti-
ker vorausgesetzt, der aus innerem Erleben spricht. Es ist für Spann
gewiß, daß Eckeharts ganzer Aufwand philosophischer Begriffe mit-
samt dem Reichtum seiner Bilder dem Einen dient: die Philosophie
des Mystikers Eckehart darzulegen. Deshalb schon der Titel mit
dem beigegebenen Motto des Meisters: „Möchtet ihr gemerken mit
1
Hugo
Rahner:
2
Hugo Rahner:
S. 411.
3
Hugo Rahner:
S. 352.
Die
Gottesgeburt,
Die
Gottesgeburt,
Die Gottesgeburt,
in: Zeitschrift für
in: Zeitschrift für
in: Zeitschrift für
Theologie, 59, 1935,
Theologie, 59, 1935,
Theologie, 59, 1935,