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physischen Haltung und Verachtung der „Blut-und-Boden“-Legende

als der „Feind Nr. 1“ bezeichnet. Alle Bücher Spanns wurden ver-

boten, mußten aus den Bibliotheken und Buchhandlungen entfernt

und eingestampft werden. Sie sind auch heute noch antiquarisch un-

erreichbar. Deshalb die Gesamtausgabe durch die Freunde.

Aber auch nach dem Zusammenbruch des Hitlerregimes wurde

Spann sein alter Wirkungskreis nicht wiedergegeben. Die öster-

reichische Regierung hielt es für inopportun, ihn irgendwie hervor-

treten zu lassen; denn die Kommunisten drohten, Skandal zu schla-

gen, wenn sein Name auftauchte: wegen der scharfen Kritik des

Marxismus in seinem Buch „Der wahre Staat“ und weil er als Uni-

versitätslehrer dauernd diese Ideologie bekämpft hatte. Infolge

dieser politisch bedingten, für Spann tragischen Situation saß er bis

zu seinem Tode in dem weltentlegenen Neustift im Burgenland, wo

ihn die Nationalsozialisten in einer Art Verbannung geduldet

hatten, ohne Verbindung mit der Welt, totgeschwiegen. Nur mit

großen Schwierigkeiten kamen nach 1945 noch je eine Auflage der

„Haupttheorien der Volkswirtschaftslehre“ und des „Philosophen-

spiegels“ heraus, und als einziges neues Werk die „Religionsphilo-

sophie“, in dem von der Schweiz her geförderten Gallus-Verlag

Wien. Spann hatte sie in den letzten Jahren der nationalsoziali-

stischen Herrschaft geschrieben, um den vom Naziregime verführ-

ten Menschen, vor allem der Jugend, die Rückkehr zur Religion

zu erleichtern. Die letzten Abschnitte des Buches zeigen wieder ein-

gehend seine Beschäftigung mit der Philosophie des Christentums,

vor allem mit Meister Eckehart. Obwohl das Werk schon lange vor

Kriegsende 1945 vollendet war, wurde dem Verfasser beim Er-

scheinen 1948 vorgeworfen, er habe es jetzt verfaßt, um den neuen

Herren zu schmeicheln.

Natürlich empfand er es schmerzlich, daß ihm jedes Wirken nach

außen versagt wurde. Nach der Vollendung des Manuskriptes über

die mystische Philosophie Meister Eckeharts machte er sich sogleich

an die Niederschrift der Kunstphilosophie, die er nun doch selbst

verfaßte. Wenige Monate nach Vollendung dieses Werkes starb er.

Vier seiner Manuskripte waren noch ungedruckt.

Auch nach seinem Tode war es bei der allgemeinen Amerikani-

sierung des Lebens, im Siegeszuge des Existentialismus und Empiris-