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I. Die idealistische Kunstphilosophie
Einer der ersten, welcher dem Wesen des Schönen und der Kunst
gelegentliche (noch keine planmäßigen) Untersuchungen widmete,
war
Platon
(427—347 v. Chr.). Er faßte aus seiner Ideenlehre her-
aus, wonach es übersinnliche, die Welt gestaltende Mächte gäbe, die
„Ideen“ (wir setzen die Ideenlehre hier als bekannt voraus), den
großen Gedanken, das Schöne sei der Abglanz einer höheren Welt,
der Ideenwelt. Diese sei das „Schöne an sich“
(αντότόκαλόν)).
„So
oft der Mensch ein irdisch Schönes hier erblickt, erinnert er sich
der wahren Schönheit, und es wachsen ihm die Flügel und er möchte
wieder auffliegen zu ihr“
1
. — Als Bedingung des sichtbaren Schönen
bezeichnete Platon das Maß in seiner Eigenschaft als Begrenzung
des Grenzenlosen
2
.
Doch hielt Platon diesen Begriff des Schönen nicht immer fest
und bezeichnete wiederholt als Merkmal der höheren Kunst (die
niedere, das Handwerk, hieß damals ebenfalls
τέχνη)
und des künst-
lerischen Schaffens die bloße „Nachahmung“
(μίμησις);
und zwar
nicht nur der Natur — in diesem Falle ahme die Kunst nur „das
Bild des Bildes“ nach, da das Naturding ja nur ein Bild der Idee
ist —, sondern auch des Sittlich-Schönen, der Tugend
3
. Durch den
Begriff der bloßen „Nachahmung“ lag auch die Vermengung des
Schönen mit dem Nützlichen nahe: „Das ist und bleibt doch der
schönste Spruch, daß das Nützliche schön und das Häßliche schäd-
lich sei“
4
.
Es war damals nicht leicht, die höhere Kunst vom Handwerke
und daher das Schöne vom Nützlichen zu trennen, wie ja auch
heute noch der Sprachgebrauch beides öfters zu verbinden pflegt.
Gegen die Kunst, besonders gegen die Dichtung erhebt Platon
wegen der von ihr den Göttern öfters zugeschriebenen unwürdigen
und unsittlichen Handlungen (Homer!) ernste Anklagen. Und er,
der größte Künstler unter den Philosophen, fordert wegen der er-
zieherischen Bedeutung der Kunst noch in seinem Alterswerke staat-
1
Die Hauptbelegstellen für das Obige sind: Platon: Phaidros, 251a und
250 ff.; Gastmahl 210 f. und 211e; Philebos 26a f. und 64e ff.; Timaios 87c ff.
2
Platon: Staat, 476b und 479a ff.
3
Platon: Gesetze, 656a ff. Sophistes, 267c ff. vgl. auch Staat, 595a ff., Kritias,
107b ff.
4
Platon: Staat, 457b.