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ristische „experimentelle“ Wege zur Begründung der Ästhetik ver-

suchte. Er war Physiker und wollte trotz seines grundsätzlich ideali-

stischen Standpunktes die V e r f a h r e n d e r P h y s i k auf die

Ästhetik übertragen!

In dem Werke „Experimentelle Ästhetik“ (1871) und in der „Vorschule der

Ästhetik“ (2 Teile, 1872-1876) legte er die Ergebnisse geistvoller Untersuchungen

vor: Die sinnliche Form und dasjenige, was assoziativ (!) damit verknüpft ist -

das sind „die zwei Grundfaktoren aller ästhetischen Wirkung“

1

. Mit dieser rohen

Erklärung begnügt sich Fechner. Im übrigen bleibt es fast durchaus im Physio-

logischen stecken; so daß seine Darlegungen für die grundsätzlichen Denkauf-

gaben der philosophischen Kunstlehre bedeutungslos sein mußten. Über äußer-

liche Einzelheiten konnte auch Fechner nicht hinauskommen. Eine „Ästhetik von

unten hinauf“, wie er selbst sie nannte, ist in Wahrheit ein Widerspruch in sich

2

.

Auf weiteres e m p i r i s t i s c h e s S c h r i f t t u m hier ein-

zugehen wäre unfruchtbar. Der empiristische Grundgedanke ist in

der Ästhetik wie überall derselbe: durch Versuche, also „induktiv“,

die Bedingungen zu finden, unter denen etwas als „schön“ erscheint.

Das Ergebnis kann nur ein zerstörender Relativismus, Pragmatis-

mus, Subjektivismus oder Biologismus und Psychologismus — die

alle zusammengehören — sein; ferner etwa noch eine Umwelt-

lehre (Milieulehre), welche auf geradezu klägliche Weise das Schöne

aus den gesellschaftlichen und naturhaften „Bedingungen“ erklären

1

Gustav Theodor Fechner: Vorschule der Ästhetik, Leipzig 1876, S. 7. Fech-

ners Ansicht liegt auch dem Buche von Friedrich Jodl: Ästhetik der bildenden

Künste, herausgegeben von Wilhelm Börner, Stuttgart und Berlin 1917, siehe

besonders S. 8, zugrunde.

2

Fechner entwickelte sechs „Gesetze oder Prinzipien“. „Das erste... nenne

ich das der ä s t h e t i s c h e n S c h w e l l e , das zweite das der ä s t h e t i -

s c h e n H ü l f e . Die drei folgenden, das der e i n h e i t l i c h e n V e r k n ü p -

f u n g d e s M a n n i g f a l t i g e n , (nämlich) das der W a h r h e i t u n d d a s

d e r K l a r h e i t , fasse ich unter der gemeinsamen Bezeichnung der drei o b e r -

s t e n F o r m a l p r i n z i p i e n zusammen. Das sechste wird das der As-

s o z i a t i o n sein.“ (Gustav Theodor Fechner: Vorschule der Ästhetik, Teil 1,

Leipzig 1876, S. 46.) - Unter „ästhetischer Hülfe“ ist das Zusammenwirken der

einzelnen Eindrücke, z. B. von Melodie, Harmonie, Zeitmaß, Ton, Farbe gemeint,

welche sich nach Fechner als „ L u s t b e d i n g u n g e n “ (!) gegenseitig steigern

(S. 50 ff.). Der idealistische Philosoph Fechner steigt also zur sensualistischen Lust-

ästhetik herab! - Im 2. Teile der „Vorschule“ läßt Fechner selbst seine „experi-

mentelle Ästhetik“ bei Erörterung mehr grundsätzlicher Fragen fast ganz beiseite

und vergißt auch seine sechs „Gesetze“. Sein Standpunkt ist dabei möglichst ver-

mittelnd.