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Wir sind nun gerüstet, uns der Hauptfrage aller Kunstphilosophie

oder Ästhetik, jener nach dem Begriffe des Schönen, zuzuwenden!

Fassen wir diesen Begriff ins Auge, so finden wir als erstes, daß

eine ichhafte, subjektive und eine gegenständliche, objektive Seite

an ihm zu unterscheiden sei. Die Untersuchung der ersteren erfor-

dert vor allem eine Erkenntnis der Stelle, an welcher das Schöne im

menschlichen Geiste erscheint; die Untersuchung der letzteren, der

gegenständlichen Seite, erfordert einige Kenntnis der Kategorien,

durch welche alles objektive Sein bestimmt wird.

Erst wenn diese Vorfragen erledigt sind, haben wir alle Begriffs-

mittel in der Hand, um das Wesen des Schönen selbst zu bestimmen.

I. Vorfragen

A. Die S t e l l e , a n w e l c h e r d a s I n n e w e r d e n d e s

S c h ö n e n i m G l i e d e r b a u d e s m e n s c h l i c h e n

G e i s t e s e r s c h e i n t

Auch die gegenständlich gerichtete Schönheitslehre, wie jene Pla-

tons, Plotins, Schellings und Hegels, kann die Aufgabe, das Inne-

werden des Schönen im menschlichen Geiste begreiflich zu machen,

nicht umgehen. Wenn ihr auch mit Recht der Schwerpunkt nicht im

Seelischen liegt, so bleibt das Subjektive doch immer eine Bedin-

gung, das Schöne zu erfassen.

Hier zeigt sich nun sogleich, daß jede Geistes- und Seelenlehre,

welche an der heute allgemein gültigen Einteilung der seelischen

Erscheinungen in „Vorstellung, Gefühl und Wille“ festhält, schlecht-

hin unfähig ist, das Innewerden des Schönen zu erklären und die

Stelle anzugeben, an welcher dieses Innewerden im menschlichen

Geiste erscheint!

Meistens wird das Innewerden des Schönen als „G e f ü h l“ auf-

gefaßt, es soll unter den „Gefühlen“ erscheinen; aber die Frage,