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Erfahrungen, „Furcht und Schrecken“ und dergleichen abgeleitet,

wie die bisherige Seelenkunde meint, sondern ist ein ursprüngliches,

aus anderen Seelenteilen unableitbares Bewußtsein. Nicht um „reli-

giöse G e f ü h l e “ handelt es sich hier! Es ist vielmehr ein Unab-

leitbares, durchaus Arteigenes, was uns im metaphysischen Bewußt-

sein entgegentritt.

2.

Ebenso ursprünglich und von Vorstellung, Gefühl oder Wille

unableitbar ist das, was wir L i e b e s b e w u ß t s e i n oder Ge-

m e i n s c h a f t s b e w u ß t s e i n nennen. Gemeinschaft ist ein

Aneinander-Werden der Geister, ein gegenseitiges Sich-Erschaffen,

in welchem sich ein Bewußtsein des Im-Andern-Sein, daher des Mit-

Dabeiseins im Andern oder des Einerlei-Seins mit dem Andern

erzeugt. Und eben dieses ist das Liebesbewußtsein (wir nennen es

auch „Gezweiungsbewußtsein“). Liebe, Neigung, innere Verbun-

denheit mit dem Freunde ist weder von Vorstellungen noch von

Gefühlen ableitbar, sondern ebenfalls, wie ersichtlich, ein durchaus

Arteigenes, von keinem anderen Seelenbestandteile Herkommendes,

ein Ursprüngliches in unserem Geistes- und Seelenleben.

3.

Die E i n g e b u n g

o d e r

I n t u i t i o n (Inspiration,

Divination) ist ebenfalls eine Urerscheinung unseres gesamten inne-

ren Lebens. Keine wie immer geartete empiristische Seelenlehre

kann die Eingebung erklären. Denn die Eingebung hat übersinn-

lichen Ursprung. Sie ist Erweckung der im menschlichen Geiste

schlummernden Ideen (im platonischen Sinne als gestaltende

Mächte der Welt verstanden). Die Eingebung arbeitet zwar not-

wendig mit dem jeweils in unserem Geiste schon vorhandenen Vor-

rate von Vorstellungen, ist aber keineswegs eine bloße „Verbin-

dung“ derselben. Denn sie geht wesentlich darüber hinaus, bietet

durchaus etwas N e u e s . Wir kommen später ausführlich auf die

Eingebung zu sprechen.

4.

Die Vergegenständlichung des in der Eingebung Erfaßten

(ebenso der Sinneseindrücke, der Vorstellungen und aller Geistes-

inhalte überhaupt): das W i s s e n u n d d i e W a h r h e i t . (Auch

das erklären wir später.) Das Wissen ist nicht von den Vorstellungen

abgeleitet, vielmehr sind es die Vorstellungen vom Wissen.

5.

Die Gestaltung der Eingebung: die K u n s t und das S c h ö n e .

Beide, sowohl die Objektivierung, Vergegenständlichung wie die

Gestaltung der Eingebung arbeiten mit dem jeweils vorhandenen