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(6)

Die in allen Zeitkünsten, besonders auch der Rhetorik, üb-

lichen Regeln über Anfang, Mitte und Schluß können nur als prak-

tische F a u s t r e g e l n gelten. Nach allem Früheren gilt für uns

als G e s e t z d e r G e s t a l t u n g v o n A n f a n g , M i t t e

u n d S c h l u ß das Folgende:

Gliederung und Umgliederung jedes Kunstwerkes sind als

G r ü n d u n g u n d E n t f a l t u n g d e s G e g r ü n d e t e n

zu betrachten. Der A n f a n g jedes Zeitkunstwerkes ist als Grün-

dung zu betrachten, in welcher alles spätere angelegt ist; die

M i t t e als die Durchführung der Entfaltung; der S c h l u ß ist

damit bezeichnet, daß er einen grundsätzlichen Einschnitt in die

bisherige Entfaltung darstellt (wie es z. B. die Hochzeit, der Tod,

die Erreichung des Zieles ist). Der Schluß ist daher nicht nur als

das G e s a m t e r g e b n i s — und damit allenfalls als Rück-

blick —, sondern auch als A u s b l i c k zu gestalten.

Mit diesem Gesetz der Anfangs-, Mitte- und Schlußgestaltung sind die bisher

so verschiedenen Lehren der Dramatik und der Rhetorik (sowie der anderen

Zeitkünste) über die „Exposition“ des Dramas und den Anfang einer Rede unter

einen einheitlichen Gesichtspunkt gestellt, nämlich den der Gründung und Ent-

faltung als das Wesen aller Umgliederung bezeichnend.

Zum Beispiel liegt die „captatio benevolentiae“, welche die Rhetorik für die

Einleitung einer Rede fordert, der „dramatischen Exposition“ ebenso nahe: sie

folgt immer aus der Notwendigkeit, die Gründung des Entfalteten gleich anfangs

vorzunehmen!

3. Gesetz der Rückverbundenheit der Gestalten

(7)

Die Rückverbundenheit wird später erst gründlich zu erklä-

ren sein. Doch ergibt sich einleuchtend schon aus dem Bisherigen

folgendes Gesetz:

(a)

als Gliederungsgesetz, hinsichtlich des S t u f e n b a u e s : Im

Stufenbau der Gestalten sind die jeweils niederen in den jeweils

höheren Gestalten rückverbunden.

(b)

als Umgliederungsgesetz oder Gesetz des S c h i c k s a l s :

Die Entfaltung aller Gestalten in der Zeit ist zuletzt, sei es auch

noch so verborgen und unausgesprochen, im Schicksale, das ist, in

der Bestimmung oder dem Verhängnisse oder der Vorsehung als

der obersten Gestaltungsmacht, rückverbunden.

Dieses Gesetz gilt auch dann, wenn das Schicksal, wie fast durch-

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