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den größten Werken, so besonders im „Sturm“ und in den Verklei-

dungsstücken. Und die oben

1

angeführten Beispiele von Lenau zei-

gen, wie sogar ein von Schwermut überwältigter Dichter durch die

Macht der Kunst zu innerer Ruhe und Freudigkeit vorzustoßen

vermag. Und nichts zeigt sie beredter in ihrer inneren künstleri-

schen Notwendigkeit als die neunte Symphonie Beethovens, wo

sie am Schlusse als endlich errungener Sieg nach dem Kampfe strah-

lend hervortritt.

Aber der größte Lehrmeister ist uns hier M o z a r t . Wir stie-

ßen schon auf seine großen Opernschlüsse, welche mit Gebet und

darauf folgender Siegesjubelfreude enden. Aber alle seine größeren

Werke erringen nicht erst am Ende die Freude (selbst wenn sie das

dem epischen und dramatischen Fortgange nach tun müßten); sie

sind von Anbeginn durch alle Verwicklungen und Gestürme des

Lebens hindurch davon durchtränkt. Das Dasein ist wie ein ernstes

Spiel, aber von der ungetrübten Ätherluft der Ideenwelt aus gese-

hen, mit ihrer unzerstörbaren Heiterkeit. (Daher unterliegt auch

Mozarts überirdische, in dieser Art nicht wieder zu findende Musik

so oft dem Mißverständnisse, als handle es sich dabei um eine „pro-

blemlose“ Lustigkeit und Laune!)

Es dient zu einem Einblicke in die geheimere Wahrheit, wenn

wir uns das auch von der persönlichen Seite her durch ein Bekennt-

nis Mozarts selbst klarmachen, das uns ein gütiges Geschick auf-

bewahrte. Auf die Nachricht hin, daß sein Vater krank sei, schrieb

ihm Mozart im Jahre 1787 folgenden Brief:

„Wie sehnlich ich einer tröstenden Nachricht von Ihnen selbst entgegensehe,

brauche ich Ihnen doch wohl nicht zu sagen, und ich hoffe es auch gewiß,

obwohl ich es mir zur Gewohnheit gemacht habe, mir immer von allen Dingen

das Schlimmste vorzustellen. Da der Tod (genau zu nehmen) der wahre Endzweck

unseres Lebens ist, so habe ich mich mit diesem wahren, besten Freunde des

Menschen so bekannt gemacht, daß sein Bild nichts Schreckendes mehr für mich

hat, sondern recht viel Beruhigendes und Tröstendes! Und ich danke meinem Gott,

daß er mir das Glück gegönnt hat, mir die Gelegenheit zu verschaffen, ihn als

den Schlüssel zu unserer wahren Glückseligkeit kennen zu lernen. Ich lege mich

nie zu Bette, ohne zu bedenken, daß ich vielleicht (so jung als ich bin) den

andern Tag nicht mehr sein werde; und es wird doch kein Mensch von allen,

die mich kennen, sagen können, daß ich im Umgang mürrisch oder traurig wäre;

und für diese Glückseligkeit danke ich alle Tage meinem Schöpfer, und wünsche

sie von Herzen jedem meiner Mitmenschen“

2

.

1

Siehe oben S. 195.

2

Dieser Brief sei zugleich allen jenen zur Beachtung empfohlen, welche sich