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I. Lehrgeschichtlicher Vorblick

A . D a r s t e l l u n g

Die Einteilung der Künste ist keine Angelegenheit bloßer Ge-

lehrsamkeit. Richtig sagte der Hegelianer Max Schasler in seiner

„Kritischen Geschichte der Ästhetik“: „Man kann behaupten, daß

die Art und Weise, wie die Gliederung der Künste behandelt wird,

ein Probierstein für die innere Wahrheit eines ästhetischen Systems

ist

1

. ..“ — Bisher wurde aber keine Einigung über diese wich-

tige Frage erzielt.

Bei H e g e l und dem Hegelianer T h e o d o r V i s c h e r

geben die Organe Auge, Ohr und Vorstellung (der Sinneseindrücke

im Geiste) den Einteilungsgrund ab: Dem Auge entsprechen die

bildenden Künste, nämlich Malerei, Bildnerei und Baukunst; dem

Ohre entspricht die Musik; der Vorstellung in unserem Geiste

entspricht die Dichtkunst

2

. Außerdem unterscheidet Hegel: die

symbolische Kunst (Architektur), die klassische Kunst (Skulptur)

und die romantische Kunst (Malerei, Musik, Poesie). Bei Hegel han-

delt es sich bei dieser Einteilung um „die verschiedenen Verhältnisse

der Idee zur Gestalt“

3

.

W e i ß e wieder will nicht von den Sinnesorganen ausgehen,

sondern „vom Abstrakten zum Konkreten“ fortschreiten, welches

ihm „drei Hauptformationen“ ergibt, die selbst wieder infolge

„dialektischer Entfaltung“ eine Dreiteilung erfahren. Auf diese

Weise entstünden neun Künste, von denen jede denselben Wert

„hinsichtlich des Ausdruckes von Ideen“ habe; ein gemaltes Frucht-

stück z. B. könne denselben ideellen Gehalt haben wie der Apollon

von Belvedere oder eine Symphonie oder der Kölner Dom

4

!

1

Max Schasler: Kritische Geschichte der Ästhetik, Berlin 1872, S. 965.

2

Hegel: Sämtliche Werke, Bd 13, S. 241 ff., der 3. Teil der „Ästhetik“ (13,

241-14, 581).

3

Hegel: Sämtliche Werke, Bd 12, S. 114.

4

Angeführt bei Max Schasler: Kritische Geschichte der Ästhetik, Berlin 1872,

S. 968 f.