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Das Wesen der E i n g e b u n g nun ist, wie früher dargelegt, die
Erweckung der Ideenwelt, das ist, der im Leben wie in der Natur
wirkenden Ganzheiten an sich.
Die Ideenwelt, die Welt der Ganzheiten an sich, ist aber nicht
stofflich noch sinnlich noch räumlich; vielmehr geistig oder doch
geistartig: überräumlich, übersinnlich, überstofflich oder, noch deut-
licher gesagt, vorräumlich, vorsinnlich, vorstofflich. Dagegen steht
die Zeit als Abfolge des Geschehens in der Mitte zwischen dem
Geistigen, in welchem Abfolge des Geschehens ist, und dem Räum-
lich-Sinnlich-Stofflichen, in welchem gleichfalls Abfolge des Gesche-
hens stattfindet.
Es kommt nun alles darauf an, die G e s t a l t u n g des Ein-
gebungsinhaltes daraufhin zu erkennen, i n w i e f e r n s i e d a s
G e i s t i g e d e s E i n g e b u n g s i n h a l t e s z u
e r f a s s e n
v e r m ö g e .
Damit allein ist die wesentliche Aufgabe der Einteilung der Kün-
ste bezeichnet; wir können auch kurz sagen, die Künste sind nach
ihrer Fähigkeit, den Eingebungsgehalt wiederzugeben, das heißt
aber, nach dem G r a d e d e r G e i s t i g k e i t , mit welchem sie
die Eingebung wiederzugeben vermögen, einzuteilen.
Wir unterscheiden darnach:
(1)
die Dichtkunst als die Kunst höchsten Geistesgehaltes;
(2)
die Tonkunst als die Kunst höchsten Seelengehaltes;
(3)
die bildenden Künste als die Künste höchsten Naturgehaltes.
Diese Einteilung, zu welcher noch die ausführenden und abgelei-
teten Künste hinzukommen, werden wir nun zu begründen haben.
A. Die D i c h t k u n s t
Ihr steht das geistigste Gestaltungsmittel, die Sprache, zur Ver-
fügung, darüber hinaus aber noch die von den ausführenden Kün-
sten, so der Schauspiel-, Vortrags- und Tanzkunst sowie sonstiger
Bühnenkunst gebrauchten Mittel.
In der Sprache liegt vor allem der Bedeutungsgehalt der Worte,
das ist der G e i s t e s i n h a l t d e r E i n g e b u n g e n ; wel-