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in jeder Kunstgattung gestaltet, durchaus einen arteigenen Ausdruck
geben.
Darum kann keine Kunst alle anderen Künste ersetzen, keine sie
alle in sich aufnehmen. Die Mystik des gotischen Domes ist nicht
dieselbe wie jene des Colmarer Altares von Grünewald oder des
Deckengemäldes von Correggio, welches die Himmelfahrt Mariä
darstellt, noch dieselbe, welcher wir in Hardenbergs mystischen
Gedichten oder im „Incarnatus“ von B e e t h o v e n s „Missa so-
lemnis“ begegnen.
In allen solchen Fällen ist es eine Seite des mystischen Gesche-
hens und Erlebens, welche durch die arteigenen Gestaltungsmittel
der Künste enthüllt wird.
Alle Künste sind Äste eines Stammes. Daher vermögen sie ein-
ander in Schwebe zu halten, zu beleben und zu kräftigen.