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Zusammenhänge zu finden als die frühere Theorie (denn Volkelt
zehrt noch vom Alten). Wir nennen als Beispiel nur E m i l
U t i t z, welcher erklärt, .. das Tragische nicht einfach als eine
rein ästhetische Kategorie (zu) betrachten“, es vielmehr „in Bezie-
hung zu den Darstellungswerten (solche sind z. B. die sinnliche
Freude an Farben und Tönen) zu bringen“
1
. — „Das Tragische ist
der Gestaltungsorganismus zur Kundgabe gewisser Werte“
2
. —
Wer erinnert sich da nicht an das Xenion von Goethe?:
„So wird aus Gurkensalat wirklich der Essig erzeugt.“
3
Wir gehen grundsätzlich anders vor: Hier hilft nur ein Rückgang
auf den Begriff des Schönen. Dieser muß sich wieder bewähren.
Die Arten des Schönen müssen sich von den Merkmalen, welche der
Begriff des Schönen aufstellt, nämlich Eingebung, Gestaltung und
Rückverbundenheit, entwickeln lassen; welche Merkmale, und das
ist entscheidend, aber je nach Vollkommenheit und Unvollkom-
menheit ihrer jeweiligen Verwirklichung abgewandelt werden. So
ergibt sich in einfachstem Rahmen eine ungeheure Fülle von Er-
scheinungen, welche aus ihrem wesenhaften Zusammenhange ver-
ständlich werden.
Wir unterscheiden diese Untersuchung als Vollkommenheitslehre
und Unvollkommenheitslehre des Schönen.
I. Die Vollkommenheitslehre des Schönen
A.
Die A r t e n d e s S c h ö n e n a u s d e m I n h a l t e d e r
E i n g e b u n g : d a s S c h ö n e u n d d a s E r h a b e n e
Vollkommene Eingebung hieß uns: ihr Vordringen in die Tiefe
des intelligiblen Grundes des Gegenstandes und in die Seele des
Menschen, den sie erfaßt. Aus der Vollkommenheit der Eingebung
an sich selbst kann sich daher keine Unterscheidung des Schönen
ergeben, wohl aber aus dem Inhalte ihres jeweiligen Gegenstandes.
1
Emil Utitz: Ästhetik und Philosophie der Kunst, Bd 2, Berlin 1925, S. 701.
2
Emil Utitz: Ästhetik und Philosophie der Kunst, ..., S. 703.
3
Johann Wolfgang von Goethe: Sämtliche Werke, Mit Einleitungen von Karl
Goedeke, Bd 36, Stuttgart 1885, S. 39.