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Bisher gelang es merkwürdigerweise nicht, die verschiedenen

Erscheinungsformen des Schönen, auch Arten des Schönen oder

„ästhetische Kategorien“ genannt, in einen einheitlichen Begriffs-

zusammenhang zu bringen. Es fehlte an einem Grundsatze, einem

Schlüsselbegriffe, der vermocht hätte, das Schöne im engeren Sinne,

das Erhabene, das Tragische, das Komische, das Anmutige, das Häß-

liche usw. in ihrer Einheit zu erkennen und zu bestimmen.

Namentlich die empiristischen Schulen versagten hier völlig, denn

es genügt nicht, einfach der „Erfahrung“ zu folgen. Ohne eine zum

Wesen vordringende Begriffsbestimmung ist hier nichts auszu-

richten.

Um kurz ein Bild von der Verworrenheit der Lage zu geben, führen wir das

große, noch heute in manchem schätzenswerte Werk von J o h a n n e s V o l -

k e l t „System der Ästhetik“ an

1

, von dessen Einteilung wir das Wichtigste

mitteilen. Volkelt unterscheidet:

Das Ästhetische der erfreuenden und der niederdrückenden Art; das Schöne

und das Charakteristische; das Typische und das Individuelle; das Individual-

schöne; das Erhabene (mit Unterteilungen: der zerstörenden und der wohl-

tuenden Art; des prächtig, des pathetisch Erhabenen usw.); das Anmutige (mit

Unterteilungen: die hohe, liebliche, derbe, holde, herbe usw. Anmut); das Sinn-

lich-Ästhetische und das Geistig-Ästhetische (jedes wieder mit Unterteilungen);

das Rührende; das Tragische (mit Unterteilungen: schuldvoll und schuldfrei,

befreiend und niederdrückend usw.); das Komische, darunter das Erhaben-Ko-

mische, Burleske, Groteske, Drollige, objektiv und subjektiv Komische usw.;

Witz, Satire, Ironie (mit Unterteilungen: Laune und Scherz, Humor, welcher

selbst wieder als burlesker, grotesker, zynischer usw. unterschieden wird); das

Häßliche mit den Hauptunterscheidungen: der verschwommenen und kümmer-

lichen Anschauung, des Trivialen, des Ekels und Ärgers, des Wilden, Wüsten,

Unübersichtlichen, Überladenen).

Die Darstellung dieser Arten des Schönen füllt bei Volkelt fast

600 Seiten. Diese unsere Übersicht vereinfachte sehr.

Andere neuzeitliche Ästhetiker der Gegenwart, ebenfalls „Psy-

chologisten“ wie Volkelt, wollen sich von der alten Systematisie-

rung möglichst zurückziehen und suchen sich zum Teil mit bloß

empirischen Aufzählungen zu begnügen, zum Teil aber völlig andere

1

Johannes Volkelt: System der Ästhetik, Bd 2: Die ästhetischen Grundgestal-

ten (Ästhetische Typenlehre), München 1910.