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lichen entsprechen, welcher das Gedicht erfüllt. (Wir bemerkten
schon den Fehler Pochhammers, das Gedicht in Stanzen zu über-
setzen, wodurch der Fortgang immer wieder ins Stocken gerät.) Bei
Dante sind solchermaßen Zeitgestalt und Reimgestalt seines bewun-
dernswerten Gedichtes in vollem Einklange miteinander und mit
dem Geiste der Dichtung.
An Mozart wurde von je die Vollkommenheit des Ausdruckes
bewundert, welche sich in dem Gleichgewichte von Melodie und
Harmonie zeigt, das heißt an der durchgängigen Ebenbildlichkeit
beider.
Ein Beispiel ebenbildlicher Gestaltung aller Ebenen bietet vor
anderen Leonardo da Vinci, welcher der Ausarbeitung seiner Ein-
gebungen größte Sorgfalt widmete, wie z. B. sein „Abendmahl“
und seine „Mona Lisa“ bezeugen.
Die U n e b e n b i l d l i c h k e i t der Gestaltung gehört in die
Unvollkommenheitslehre. Hier können wir aber schon an das be-
kannte, S c h i l l e r zugeschriebene Xenion erinnern:
Poetischer Dilettant
Weil ein Vers dir gelingt in einer gebildeten Sprache,
Die für dich dichtet und denkt, glaubst du schon Dichter zu sein?
Die Gestaltung in einer „gebildeten Sprache, die für dich dichtet
und denkt“, erscheint nach diesen Worten Schillers jenen, welche
ohne Eingebung dichten wollen, leicht — aber sie ist schon aus dem
Grunde unebenbildlich, weil keine Eingebung da ist, die sie wieder-
geben soll.
In gleichem Sinne sind die Worte des romantischen Malers C a s -
p a r D a v i d F r i e d r i c h zu verstehen: „Der Maler soll nicht
bloß malen, was er vor sich sieht, sondern auch, was er in sich sieht.
Sieht er aber nichts in sich, so unterlasse er auch zu malen, was er
vor sich sieht“
1
. Denn nur aus der Eingebung läßt sich ebenbild-
lich gestalten.
Die Frage, wie der Künstler das Ziel der ebenbildlichen Gestal-
tung am besten erreiche, beantwortet G o e t h e in dem Sinne,
1
Angeführt bei Richard Benz: Geist der romantischen Malerei, Dresden
1934, S. 46.