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sten als dämonischen Verfall zum letzten Ziele kommen — zum

Satanismus.

Daß diese ganze Entwicklung unmittelbar und mittelbar aus der

materialistischen und empiristischen Philosophie stammt, daß sie

im besonderen unter dem Einflusse der pessimistischen Richtungen

dieser Philosophie stand, ergibt sich aus dem Gesagten von selbst.

Das beleuchtet aber grell genug die heute kaum beachtete, in Wahr-

heit aber stets grundlegende Bedeutung der Philosophie für die

Kultur. S c h o p e n h a u e r , E d u a r d v o n H a r t m a n n ,

N i e t z s c h e (trotz krampfhaften Hinstrebens zum Optimismus)

und in der Gegenwart gar der von K i e r k e g a a r d stammende,

in Nihilismus mündende sogenannte E x i s t e n z i a l i s m u s

waren und sind die Hauptvermittler der Verderbnis.

Eine besondere Quelle der Verbreitung des Atheismus und Pes-

simismus des neunzehnten Jahrhunderts war auch der D a r w i -

n i s m u s , welcher ebenfalls aus der materialistisch-empiristischen

Philosophie stammt. Seine tolle Begeisterung für die blind-mecha-

nische Abstammung des Menschen aus der Tierwelt und affenarti-

gen Vorfahren stellte die hohe Würde, welche der metaphysische

Idealismus und die Mystik dem Menschen zuerkannten, in Abrede.

In diesem Widersinne von Begeisterung lag und liegt auch heute

nichts wie Pessimismus, noch genauer gesagt: Nihilismus!

Der Verlust des Unsterblichkeitsglaubens ist ein geistesgeschicht-

licher Vorgang, dessen Bedeutung man nicht hoch genug einschät-

zen kann. Er ist ein Schlüssel für das Verständnis der gesamten

Kulturgeschichte seit der Aufklärung, insbesondere aber der Kunst-

geschichte der letzten hundertfünfzig Jahre, vor allem der letzten

fünfzig Jahre, in denen sich die sogenannte „Moderne“ in der

Kunst erst ganz durchsetzte: innere Leere, Roheit und zugleich Ab-

gefeimtheit der Gestaltung, Untergang des Schönen im Sinnesein-

druck und Triebwesen; vor allem aber auch: Hervortreten des

Krankhaften!

Es entspricht der tiefinneren Zerrüttung, welche das Gefühl der

Sinnlosigkeit des Daseins bei geschwundenem Unsterblichkeitsglau-

ben bewirkt, daß mit dem Aufkommen der neuen Kunstströmun-

gen auch das Z e i t a l t e r d e r I r r e n ä r z t e anbricht: Krafft-

Ebing (1840—1902), Sigmund Freud, Alfred Adler, Kretschmer,