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Deutlichkeit zeigt sich das schon an dem Pessimismus und der

zweiflerischen Haltung Byrons (der noch vor Goethe, 1824, starb);

nicht minder klar aber an Hebbels Dramen (jedoch nicht an den

Gedichten, wo er sich oft dem unmittelbaren metaphysischen Ge-

fühle überläßt und einen Glanz der Rückverbundenheit in das

Schöne bringt). Durch Dramen wie „Maria Magdalena“ wurde

Hebbel einer der Hauptbegründer des N a t u r a l i s m u s , durch

solche wie „Herodes und Mariamne“ des P s y c h o l o g i s m u s ;

beides muß die hohe Kunst im Keime ersticken und zu einem

unfruchtbaren P e s s i m i s m u s führen. Was Hebbel im Drama

hätte leisten können, kann man ermessen, wenn man an die klas-

sische Sprache und Gestaltung in „Gyges und sein Ring“ denkt;

dem aber, wie allen anderen seiner Dramen, das Rückgrat gebrochen

ist.

B. B e l e g e

Bei allen den genannten Dichtern, wie auch bei anderen, die wir

nicht nannten, ist es bewiesen, daß sie nicht an die Unsterblichkeit

glaubten

1

.

Man kann es nicht genug bedenken, was wir oben schon andeute-

ten, daß mit dem Verluste des Unsterblichkeitsglaubens das Leben

seine Würde verliert, alles Tun und Treiben hienieden sinnlos wird.

Es fehlt an jeder mystischen Ader, die Rückverbindung findet in

der Kunst keinen Ankergrund mehr.

Dieses metaphysische Unvermögen zehrt am Marke des Dichters,

lenkt ihn zur äußeren Wirklichkeitsschilderung, und alle jene Fol-

gen, vom Naturalismus bis zum Satanismus, die wir schon früher

beim Fehlen der Rückverbundenheit des Schönen erkannten, stellen

sich ein.

Dies ließe sich leicht aus den Bekenntnissen der Dichter belegen,

doch mögen folgende Proben hier genügen.

H e b b e l sagt in seinen Tagebüchern (3,143) offen:

„Die Sehnsucht nach Unsterblichkeit ist der fortbrennende Schmerz der Wunde,

die entstand, als wir vom All losgerissen wurden“

2

.

1

Vgl. Wilhelm Lütgert: Die Religion des deutschen Idealismus, Bd 3, Güters-

loh 1926 S. 233 ff., dem wir einen Teil der folgenden Nachweise verdanken.

2

Wilhelm Lütgert: Die Religion des deutschen Idealismus, ..., S 298.