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Herstellung eines „Werkzeuges“ der unmittelbaren Leistung geht, ist, verrichtet
„Kapitalleistung“, ist — soweit sie passiv gedacht wird — Kapital.
Diese Passivität ist allerdings nur vorhanden im Rahmen des Ganzen der
Volkswirtschaft, der Begriff „Arbeitskapital“ gilt daher nur für das volkswirtschaftliche
Gesamtkapital, für die Volkswirtschaft (unterstellterweise) als Ganzes angeschaut. Für
die Betrachtung im engeren Umkreise gilt dagegen: daß der K a p i t a 1 b e g r i f f
d e n b l o ß b e z i e h u n g s w e i s e n , d e n g r a d h a f t e n C h a r a k t e r
m i t d e m G u t b e g r i f f t e i l t . Je mehr wir vom Gesamtbilde „Volkswirtschaft“
zum einfachen Verkehrsgebilde und schließlich zum einwurzeligen Gebilde
herabgehen, wird das „volkswirtschaftliche Kapital“ zum „Erwerbskapital“. Für den
Unternehmer sind nur seine passiven Mittel (Maschinen, Rohstoffe, Lohnarbeiter)
Kapital. Seine eigene Unternehmerarbeit ist aktives Mittel, also nicht Gut, sondern
Handlung, nicht passiv, sondern führend; sie wird erst Kapital, wenn der Unternehmer
sie passiv verwertet, etwa indem er Direktor der Aktiengesellschaft wird, in die sein
Unternehmen umgewandelt wurde, und indem er nun als Direktor Lohn und Tantiemen
empfängt, e i n e r h ö h e r e n E i n h e i t e i n g e g l i e d e r t i s t , sich von der
neuen Oberleitung „bewirtschaften“ läßt.
Der Umfang des Kapitalbegriffs wird übrigens nicht ganz allein durch den Gutbegriff
bestimmt. Die Grenze ist das Geld. Wieweit dieses Kapital, das heißt reales Werkzeug,
Sachgut ist (die Mindestgrenze bildet die gewerbliche Verwertungsmöglichkeit des
Geldstoffes); / wieweit es als „Repräsentant“ der Güter, als Vermögensübertragungsmittel
nur Nominalkapital, das ist V e r d o p p e l u n g , Spiegelung des Realkapitals und der
Genußgütergesamtheit ist, wieweit „Kapital höherer Ordnung“ — diese Frage läßt sich
durch den Gutbegriff als Grundbegriff der Wirtschaft nicht entscheiden. Sie ist eine
Frage der Gesamttheorie des volkswirtschaftlichen Ganges, insbesondere eine Frage der
Geldtheorie selber.
§ 28. Bemerkungen über den Begriff des Volksvermögens
„Die Nationalexistenz selbst in ihrem ganzen
Umfange ist der wahre Reichtum der Nation.“
(Adam Müller
1
)
Der herkömmliche Begriff des Volksvermögens als der bloßen „Summe“ aller Güter
ist atomistisch und individualistisch, der als der Summe aller S a c h güter noch über
den Atomismus hinaus mangelhaft.
Als das Volksvermögen stellt sich die G a n z h e i t aller passiven und aktiven
Leistungen dar, welche die Volkswirtschaft bilden, gleichgültig ob die Leistungen
unmittelbar, mittelbar, höherer Ordnung oder vorbereitender Art sind. Daher ist nicht
nur die B e s t a n d s a u f n a h m e der Teile der Volkswirtschaft wesentlich — wie es
das heutige statistische Verfahren will, das von jenem Atomismus getragen wird —,
sondern auch der Gliedcharakter der Teile, ihre Gliedlichkeit. Diese kommt vor allem in
der Verhältnismäßigkeit (Propor-
.
1
Adam Müller: Gesammelte Schriften, 1. (einziger) Band, München 1839,
S. 114; jetzt: Ausgewählte Abhandlungen, herausgegeben von Jakob Baxa (= Die
Herdflamme, Bd 19), Jena 1921, S. 40.