Previous Page  246 / 471 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 246 / 471 Next Page
Page Background

246

[209/210]

Auch aus diesem Grunde ist daher die Annahme unrichtig, es ließen sich die Güter einer

Volkswirtschaft nach Preisen inventarisieren

1

.

7.

Eine weitere zahlenmäßig gleichfalls nicht lösbare Frage bei der obigen

Abgrenzung des Volksvermögens ist die V e r h ä l t n i s m ä ß i g k e i t aller Glieder

des Gesamtinventars zueinander. In gewissem Maße drückt sie sich ja in den jeweils

gegebenen Preisen der Güter aus, die inventarisiert wurden, soferne nämlich ein Zuviel

an gewissen Waren Entwertung herbeiführen kann. Jedoch läßt sich die Grundtatsache,

daß sich das Volksvermögen aus Gütern verschiedener Leistungen so zusammensetzt,

daß das eine vom anderen abhängt, in keiner Rechnung ganz auflösen.

8.

Der Begriff der „Verhältnismäßigkeit“ setzt sich notgedrungen fort in den einer

jeweils b e s t i m m t e n E i n g e g l i e d e r t h e i t der Volkswirtschaft in die

Weltwirtschaft. Aus dieser Eingegliedertheit leitet sich ja die A n t e i l n a h m e a m

E r t r a g e d e r W e l t w i r t s c h a f t jeweils ab. Wie soll aber die jeweilige

Gliedstellung der Volkswirtschaft in der Weltwirtschaft rechenmäßig erfaßt werden?

— Ferner kommt hier zum Ausdruck, daß die Bewertung des Volksvermögens eine

Frage der Verhältnismäßigkeit im Sinne der „ K o n j u n k t u r “ ist. Nach dem Kriege

werden z. B. Naturschönheiten wegen der gesunkenen Weltkaufkraft weniger

Vermögen bedeuten.

Wie unvollkommen jede Preissummierung der Teile ist, zeigt sich deutlich bei der

A r b e i t s k r a f t . Übervölkerung z. B. kommt wohl auch in niedrigem Lohn und

niedriger Lebenshaltung und damit in niedrigem Kostenwert der Arbeit zum Ausdruck.

Aber doch wird bei einem Land, das mit Millionen übervölkert ist, leicht ein größerer

Betrag an Arbeitskraft-Wert herausgerechnet werden, als der Verwertbarkeit dieser

Arbeitskraft entspricht. Und wie sollen vollends die Verluste eingestellt werden, die ein

Land durch Auswanderung oder erhöhte Sterblichkeit erleidet? Denn ersteres bedeutet

sowohl Verlust an erzeugtem Erziehungskapital wie Änderung der

Alterszusammensetzung im Sinn größerer Unproduktivität / der Bevölkerung.

Andererseits kann aber gerade starke Auswanderung eine Erleichterung im

Bevölkerungsdruck, das ist eine Vermögenserhöhung, bringen.

Trotz all dieser Schwierigkeiten bedeuten solche Fehlerquellen nicht, daß die

Vermögensrechnung ganz und gar wertlos sei. Zwar kann sie von vornherein nur eine

U n t e r s t e l l u n g sein; es sind aber dennoch Schätzungen möglich, die ein

plastisches Bild in manchen wichtigen Punkten geben.

Als Hauptergebnis dieser Überlegung zeigt sich, daß:

1.

s ä m t l i c h e V o 1 k s v e r m ö g e n s s c h ä t z

u n g e n b i s h e r v i e l z u n i e d r i g w a r e n , w e i l d e r W e r t

d e r A r b e i t s k r a f t n i c h t e i n b e z o g e n w u r d e . Da der

durchschnittliche Wert einer Arbeitskraft zweifellos größer ist als ihr

durchschnittlicher Besitz an Sachgütern, waren sie um w e s e n t l i c h m e h r a l s

d i e H ä l f t e z u n i e d r i g .

2.

zeigt sich, daß v i e l z u w e n i g a u f d i e l e b e n d i g e

W a c h s t u m s -

u n d

A n p a s s u n g s f ä h i g k e i t

d e r

V o l k s v e r m ö g e n R ü c k s i c h t g e n o m m e n , daß vom latenten

Volksvermögen überhaupt

1

Vgl. oben S. 106 ff., 108 ff. und 169 ff.