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In der Regierungspraxis können freilich weder der Liberalismus noch weniger die
Demokratie diese Grundsätze einhalten, der Staat muß sich infolge des Schwergewichtes der
großen Menge immer mehr auch kulturellen Aufgaben und der Fürsorge für die Masse
widmen.
Als ein Sonderfall des Mindestmaßes der Staatsaufgaben ist schließlich
noch hervorzuheben
III.
Das Recht als Mindestmaß an gegenseitiger Beschränkung
der Freiheit
Nach dem Anarchismus und Machiavellismus kann es streng
genommen „Recht“ überhaupt nicht geben, da im ersteren Falle frei
gekürte, genossenschaftliche Satzung, die in jedem Augenblick gebrochen
werden kann, im zweiten Falle die Herrschergewalt entscheidet. Das
Naturrecht dagegen muß das Recht als einen Inbegriff von Mindestregeln
des Zusammenlebens fassen. Das Wesen des Rechtes ist dann: Die
Beschränkung der Freiheit des einen durch die Freiheit des andern, und
zwar als die mittlere Linie, wo sich die Freiheiten der Bürger am wenigsten
stören, das Mindestmaß an gegenseitiger Beschränkung (das ja umgekehrt
zugleich das Höchstmaß an möglicher Freiheit in sich birgt). Denn die
Freiheit ist die alleinige Wesensbedingung des Menschen, das oberste
politische Gesetz, das unter allen Umständen gewahrt werden muß.
„Recht“ muß daher das Höchstmaß an Freiheit gewähren und das
Mindestmaß nehmen. — Die ganze Aufklärung und auch Kant haben
diesen individualistischen Begriff des Rechtes entwickelt und verfochten.
Kant hat auch die Folgerung gezogen: Das Recht der Moral
gegenüberzustellen. Denn wenn Recht nur aus den technischen
Notwendigkeiten des Zusammenlebens folgt, dann ist es wesenhaft
verschieden von der Moral, dann ist nämlich ein von a u ß e n
kommender, fremder Imperativ — „Heteronomie“ des Rechtes, während
die Moral i n n e r l i c h ist — „Autonomie“ des Sittlichen. — Heute
folgen die meisten Lehrer Kanten in dieser Trennung von Recht und Moral
nach. Wie überhaupt diese ganze individualistische Auffassung des
Rechtes noch eine beherrschende Rolle spielt
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Eine vergleichende Betrachtung der politischen Grundsätze sowie „die
Menschenrechte“ und „das größte Glück der größten Zahl“ siehe unten S. 212 ff.