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ü b e r h a u p t f a l l e n l ä ß t . S o d i e A n s i c h t d e r E 1 e a t e
n und in gewissem Sinne des i n d i s c h e n B u d d h i s m u s . Diese
Begrenzung des Begriffes Universalismus auf die L e u g n u n g d e r
i n d i v i d u e l l e n
W i r k l i c h k e i t
ist
aber
in
der
Gesellschaftswissenschaft unbrauchbar und undurchführbar, denn für eine
solche Ansicht wäre die Gesellschaft ebenso scheinhaft und unwirklich
wie der Einzelne. In der Gesellschaftswissenschaft kommt es vielmehr nur
auf das Verhältnis des Ganzen der Gesellschaft zu ihren Teilen an. Wo der
Primat gesehen wird, davon muß dann der Begriff ausgehen.
Deutsche Bezeichnungen für Universalismus sind: Ganzheitslehre oder
Allheitslehre, auch Einheitslehre und Ganztum im Gegensatz zum
Einzeltum.
II. Was der Universalismus nicht ist
Das Wesen des Universalismus darf vor allem nicht in der geraden
Umkehrung des Individualismus gesehen werden — der größte Fehler, der
in der Regel bei seiner Beurteilung gemacht wird! Wenn das Wesentliche
des Individualismus in der Autarkie des Einzelnen besteht, wonach der
Einzelne alles, die Gesellschaft nichts ist; besteht es für den Universalismus
nicht in der Nichtigkeit des Einzelnen, wonach die Gesellschaft alles und
der Einzelne nichts wäre, besteht es nicht in der alleinigen Wirklichkeit
der Gesellschaft. Und wenn ferner der Individualismus jene Ansicht von
Gesellschaft und Staat ist, die den Einzelnen über das Ganze stellt, so ist
der Universalismus nicht umgekehrt jene Theorie, die schlechthin das
Ganze über den Einzelnen stellte und diesen dem Ganzen
a u f o p f e r t e . Der Universalismus ist also, wir wiederholen es,
keineswegs jene Theorie, für welche der Einzelne nichts, die Gesamtheit
(inbesondere der Staat) alles ist. Das ist vielmehr gerade eine mechanische
(atomistische) Auffassung vom Universalismus, die ihn eigentlich sinnlos
macht. Nur äußerste und mißverständliche Formen des Universalismus
können zu solchen Folgerungen kommen; grundsätzlich aber muß der
Einzelne auch für das universalistische Denken seinen unverlierbaren
inneren Wert, sein Eigenleben, seine sittliche Freiheit behalten. Die
Würde des